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"The New New Great Game" - Trumps Geopolitik in der Zeitenwende

Aktualisiert: 23. März

Mit den heute regierenden Autokraten sind alte hegemoniale Ideen längst erwacht. Über Europa, "die alte Welt" lauert die Gefahr eines Neo-Eurasismus und Neo-Osmanentums. Doch "die neue Welt" USA als Schutzmacht Europas hat eigene Sorgen. Und alte Pläne: Geopolitische, wie auch ihre Gegenspieler im Osten. Die Welt steht vor einer Neuordnung und einem neuen Jahrhundert: Pax Americana, Pax Russica oder doch Pax Sinica?


Ohne die Ukraine verliert Russland seine europäische Identität. Es braucht die Krim und die Schwarzmeerhäfen, auch für den Status einer eurasischen Großmacht. Ohne Großbritannien in Europa, ohne Japan und Südkorea in Asien verliert die USA ihre hegemoniale Stellung, sie brauchen ihre engsten Verbündeten für ihren imperialen Geltungsanspruch.


Wir befinden uns in einer Zeitenwende und es geht großen Ländern um Macht. Denn auch die Türkei steht vor dem gleichen geostrategischen Dilemma wie Russland; selbst mit dem Bosporus steht es vor dem Tor zu Europa, und auf der anderen Seite, vor dem des Nahen Osten. Europa, dem alten Kontinent stehen neue Zeiten bevor, die alte Erinnerungen wecken. Dabei geht auch darum die eigene herausragende Rolle in der Weltpolitik zu finden, als Union. Frankreich sieht darin eine neue Chance. Deutschland, als stärkste Volkswirtschaft Europas kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Und die USA spielen ihr großes neues Spiel: Um die hegemoniale Stellung als Weltmacht.


Im großen Kräftespiel sind die Ukraine und die Stan-Länder in Zentralasien und dem Kaukasus geopolitische Dreh- und Angelpunkte von entscheidender Bedeutung. Daneben sind das auch die Türkei un der Iran im Nahen Osten, Taiwan im Indopazifik und die Polarinsel Grönland im Aktischen Ozean.



Globus mit Sicht auf Arktischen Ozean
Image by Gaël Gaborel - OrbisTerrae | Unsplash

#2.2 Trumpismus (Trumpism)


 

Es wird nie ein Europa ohne Russland geben. Die Ukraine ist der Bauchnabel Eurasiens, sie ist die Südflanke des Russischen Reiches. Von der Baltischen See bis zum Schwarzmeer und als nordische Macht in der Arktis. Dasselbe gilt für Erdogans Türkei. Istanbul, die Stadt am Bosporus ist Symbol des Osmanischen Reichs, das im Osten des Mittelmeers Teil der Levante bildet. Er sieht alle Turkvölker vereint, auch die im Iran lebenden und verfolgt zumindest verbal eine pantürkische Doktrin (Panturkismus). Dazu gehöre auch der Balkan, wo längst wirtschaftlich Einfluss genommen wird. Und dann ist da noch China mit ihrer "Neue Seidenstraßen-Initiative". Allein die sich rasant entwickelnde Rivalität zwischen den beiden Großmächten USA und China, könnte zu einem neuerlichen "systemischen Weltkonflikt" (Peter Rudolf) führen – mit allen dazugehörenden Risiken für die internationale Sicherheit und die Weltwirtschaft. "The New New Great Game" der Zeitenwende.



Pax Americana: USA zwischen Eurasismus, Turanismus und Chinesischer Frieden


Wenn die Türkei als schlafender Riese erwacht, gilt als Kriegsziele ganz offen die Eroberung Transkaukasiens (Südkaukasus) und die Vereinigung aller „Türkischen Völker“ unter einem neuen osmanischen Reich und dem "neuen Sultan" Recep Tayyip Erdogan. Die sogenannte Türkische Union bilden demnach alle Turkstaaten. Das sind mit der Türkei die sieben Staaten, in der das Staatsvolk sowie die Amtssprache türkisch ist: Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisistan, Nordzypern, Türkei, Turkmenistan und Usbekistan. Sie werden als die Befürworter der Türkischen Union (TU) bezeichnet.


Der Südkaukasus bildet eine Landbrücke zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer und hat dadurch als Korridor und Teil der Neuen Seidenstraße eine große Bedeutung für den Güterverkehr von China und Zentralasien nach Europa. Und hier wird die geostrategische Bedeutung dieser Region deutlich und welche weiteren Konflikte sich um die Mächte Russland und Türkei anbahnen können, die auch Europa betreffen.


Hagia Sophia in Istanbul Tuerkei
Image by Fatih Yürür | Unsplash

Die Idee zur Gründung eines erneuten Staates aller Turkvölker ist hunderte Jahre älter als die Europäische Union (EU) selbst. Die TU beziehungsweise die Allianz der Turkvölker, könnte durchaus ähnliche Strukturen wie die EU annehmen und zu einem Staatenbund werden, wo die Mitgliedsstaaten ihre Souveränität behalten. Die „türkische Einheit“ wäre auch über die Vereinigung der Staaten zu einer Konföderation, den „Vereinigten türkischen Staaten“ denkbar, wonach die Gründer-Turkstaaten als Bundesstaaten weiterexistieren würden.


Russland, zu dem der Nordkaukasus gehört, hat großes Interesse daran den Korridor zu den beiden Meeren entlang der russischen Grenze zu erhalten. Putin beansprucht deshalb wenigstens die im Südwesten gehörenden Regionen des Kaukasus, die sich seit 1994 als unabhängige Republik Abchasien betrachtet, aber als autonome Republik völkerrechtlich zu Georgien gehört, sowie Südossetien, eine gebirgige Region unmittelbar südlich des Kamms des Großen Kaukasus. Dazu Transnistrien, das an der moldauisch-ukrainischen Grenze gelegene Gebiet, welches international als Bestandteil der Republik Moldau angesehen wird. Alle drei Gebiete sind von Russland gestützte De-facto-Regime die sich unter dem Schutz Russlands der Souveränität ihrer Länder, Georgien beziehungsweise Moldau, entsziehen und militärisch wie wirtschaftlich unter entscheidendem russischen Einfluss stehen. Insgesamt ist dieses Territorium 16.052 km² groß auf dem insgesamt ca. 670.000 Menschen leben.


Basilius Kathedrale in Moskau Russland
Image by Nikolay Vorobyev | Unsplash

Russische Geostrategen definieren Russland als „einzigartiges Land mit entsprechender Zivilisation und gewaltige eurasische und euro-pazifische Macht“, das eine „Große Eurasische Partnerschaft“ anstrebt, indem es enge Beziehungen zu China, Indien, Ländern der islamischen Welt und dem Rest des globalen Südens (Lateinamerika und Südafrika) pflegt.


Strategisch wichtig in der zentralasiatischen Region (Mittelasien) ist insbesondere Kasachstan, als wichtigster Partner Russlands. Beide Länder unterhalten enge Wirtschaftsbeziehungen. So ist Russland für Kasachstan der wichtigste Handelspartner und für den Transport seiner Ölexporte ist Kasachstan auf Russland angewiesen. Auch außenpolitisch lehnt sich das unabhängige Kasachstan eng an Russland an und trat der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit bei, welche beide als politische Projekte Russlands gelten.


Im Jahr 2023 verfolgte Russland in einem von Wladimir Putin genehmigten Dokument mit dem Titel „Das Konzept der Außenpolitik der Russischen Föderation“ eine eurasisch-antiwestliche Außenpolitik. Das politische Konzept identifiziert die Vereinigten Staaten von Amerika und andere angelsächsische Länder wie beispielsweise Großbritannien als


„Hauptinitiator, Organisator und Vollstrecker der aggressiven antirussischen Politik des kollektiven Westens“

und strebt ein Ende der geopolitischen amerikanischen Dominanz auf der internationalen Bühne an.


Die Stan-Länder der Region Mittelasiens (fünf Staaten), die sich als CAC-Länder bis zum Kaukasus (drei Staaten) erstecken, bilden das Gebiet Zentralasiens. Zu den acht Central Asia and Caucasus (CAC)-Länder zählen Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan (Zentralasien), sowie Armenien, Aserbaidschan und Georgien (Südkaukasus).


Hinsichtlich der Komplexität ethnischer, religiöser und politischer Strukturen ist CAC mit benachbarten Regionen zu vergleichen. Der Nahe und der Mittlere Osten sowie CAC waren seit alters her ein Kulturraum und Epizentren der politischen und militärischen Rivalität zwischen Großmächten. Russland, und später die Sowjetunion, spielte in der neueren Geschichte der CAC eine bestimmende Rolle. Einst wurde die Region als "Russlands Orient" bezeichnet. Die Russen kolonialisierten "ihren Orient" und schlossen ihn in vielerlei Hinsicht an Europa an.


Die USA hat Russlands Geostrategie (Pax Russica) und das Epizentrum, den Brandherd Kaukasus längst im Blick. Das ist auch der Grund für den Druck Trumps auf Europa. Diese Situation in Eurasien verhindern ein zweites Erwachen eines amerikanischen Jahrhunderts, einer neuen Pax-Americana. Diese endete 2017 mit Trumps ersten Amtszeit; nicht wegen ihm, sondern weil Chinas Jahrhundert (Pax Sinica) erneut angebrochen ist. Die Vorstellung, dass das 21. Jahrhundert geopolitisch und wirtschaftlich von der Volksrepublik China als Supermacht dominiert sein wird, begann mit dem Ende der maoistischen Isolation des Landes und dem rasanten Wachstum der chinesischen Wirtschaftsmacht ab dem 20. Jahrhundert, an Popularität zu gewinnen.


Skyline Shanghai China
Image by Yiran Ding | Unsplash

Der wirtschaftliche Wiederaufstieg Chinas begann mit den Wirtschaftsreformen unter Deng Xiaoping, nachdem das Land in den letzten 2000 Jahren nahezu konstant eine dominante wirtschaftliche Rolle eingenommen hatte. Diese wirtschaftliche Dominanz über Jahrtausenden wurde mit dem Jahrhundert der Demütigung (19. bis 20. Jahrhundert) unterbrochen. Nun erlebt das riesige Land womöglich ein drittes chinesisches Jahrhundert, den "chinesischen Traum".


Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas beschleunigte sich mit der Aufnahme der Volksrepublik in die Welthandelsorganisation im Jahre 2001. China wurde zum größten Güterexporteur und 2013 auch zur weltgrößten Volkswirtschaft nach Kaufkraftparität. Dabei ist der chinesische Marktanteil in der Spitzentechnologie stetig gestiegen und chinesische Unternehmen setzen schon heute zunehmend industrielle und technologische Standards. "Das Reich der Mitte", ist erwacht und bildet seit 2017 achtmal mehr Studenten in den MINT-Fächern als die Vereinigten Staaten aus und die im "großartigen Reich" gemachten Ausgaben für Forschung und Entwicklung gleichen sich denen in den USA an.


Diese Entwicklungen haben durchaus eine neue alte Identitätspolitik Chinas geweckt, den Sinozentrismus, der einer chinesischen Identität ein Jahrhundert vor Christus, als sich China als Zentrum der Welt, als einzige Zivilisation überhaupt und den – als „Barbaren“ betrachteten – anderen Völkern überlegen gefühlt hat.


Unter der Führung von Partei- und Staatschef Xi Jinping strebt das Land seit 2012/13 unter dem Schlagwort des "Chinesischen Traums" offen nach einer regionalen wie globalen Führungsrolle. 2013 hat die chinesische Regierung ein Mammut-Projekt aufgestellt, die "Neue Seidenstraßen-Initiative" (Belt and Road Initiative, >BRI, >yidaiyilu). Dabei handelt es sich um ein komplexes, weltweites Programm von Infrastrukturprojekten, über das China seinen Einfluss durch engere Verbindungen zu möglichst vielen Regionen und Ländern vergrößern will. Die inzwischen 138 bislang an der BRI teilnehmenden Länder repräsentieren über 78 Prozent der Weltbevölkerung mit nahezu 60 Prozent des globalen BIP und über 40 Prozent des globalen Handels. Die Gesamtinvestition des Vorhabens soll bis 2040 ca. 21 Billionen US-Dollar betragen.


Die Wirtschaftsmacht China ist heute schon der wichtigste Handelspartner von mehr als 120 Ländern in der Welt. Dabei setzt die Volskrepublik ihr ökonomisches Gewicht immer selbstbewusster und aktiver bei der Verfolgung politischer Interessen und von Gestaltungsansprüchen im gesamten Internationalen System ein. Der größte Handelspartner ist China für Japan, Südkorea, Vietnam und Taiwan. Angesichts ihrer Nähe zu diesen Ländern ist das kaum überraschend. Zu diesen vier asiatisch-pazifischen Staaten, besteht auch mit Australien, Brunei, Kambodscha, China, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Neuseeland, den Philippinen, Singapur und Thailand ein Freihandelsabkommen über die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). China ist aber auch der größte Handelspartner mit Russland und der Ukraine. Für die EU und Deutschland ist China zugleich Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale.


Mit diesem Anspruch als Weltmacht den chinesichen Traum zu verwirklichen, ist ein robusteres und zunehmend auch militärisch unterlegtes Auftreten in den Territorial- und Ordnungskonflikten in Ost- und Südostasien verbunden.


Skyline New Delhi Indien
Image by Michael Discenza | Unsplash

Jedoch hat das aufstrebende Schwellenland Indien China als größte Nation abgelöst. Indien ist derzeit die am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft der Welt und liegt in der konjunkturellen Entwicklung vor vielen anderen Schwellen- und Entwicklungsländern Asiens. In den vergangenen Monaten

(04.2024-03.2025) haben Ökonomen die Wirtschaftswachstumsraten für das indische Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut nach oben korrigiert. Im laufenden Finanzjahr 2024/2025 soll Indiens Wirtschaft um 7 Prozent wachsen, so die aktuelle Einschätzung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dabei legt der Konsum weiter zu und Unternehmen investieren, obgleich Luft nach oben bleibt.


Die Entwicklungen im Iran betrachtet nicht nur Trump und die USA mit Sorge. Die islamische Republik zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Golf das im Westen an die Türkei angrenzt, besitzt ein auf bis zu 60 Prozent angereichertes Uran. 90 Prozent sind nötig für den Bau einer Atombombe.


Wahrzeichen Teheran Iran
Image by Sama Hosseini | Unsplash

Im Osten in Vorderasien ist Iran eine Regionalmacht und führt mit der sogenannten "Achse des Widerstands" eine inoffizielle Militärkoalition an. Dieser Achse gehören unter anderem die autoritären Regierungen in Syrien und Gaza sowie Hisbollah und Huthi an. Iran kämpft um die Vormachtstellung im Nahen Osten gegen andere Regionalmächte wie Israel und Saudi-Arabien, und unterstützt mehrere Kriege der Koalition, wie etwa im Krieg in Syrien, im Krieg im Jemen und im Krieg in Israel und Gaza.


Seit der Islamischen Revolution (Iranische Revolution) im Jahre 1997, die zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi und zur Beendigung der Monarchie in Iran führte, haben sich die guten Beziehungen Irans zu westlichen Staaten in eine offene Feindschaft gewandelt. Bezüglich der ehemals befreundeten USA und Israel wurde diese auch fest in der Staatsideologie verankert ist. Vertieft haben sich hingegen vor allem die Beziehungen zu Russland und China seit den späten 2010er Jahren. Zu beiden bestehen Militärkooperationen und namentlich unterstützt Iran Russland im Krieg gegen die Ukraine. Strategische Bedeutung hat Iran durch seine Bodenschätze, vor allem die größten Erdgas- und die viertgrößten Erdölvorkommen der Welt. Damit hat Iran großen Einfluss auf die Versorgung der Welt mit fossilen Energieträgern.


Ein totalitärer islamischer Staat als Atommacht würde im geopolitischen Schachspiel die Figuren neu verteilen und die Interessen der Großmächte in den Internationalen Beziehungen neu definieren. Nicht nur weil der schiitische Umsturz im Iran laut Islamwissenschaftlern auch Auswirkungen auf sunnitische Islamisten hatte. Dies wachsenden internationalen Ordnungsansprüche Chinas fordern die USA zusätzlich heraus, die damit ihre globale Vormachtstellung gefährdet sehen. Mithilfe ihrer Verbündeten, wollen die USA Chinas wachsende Macht eindämmen. Dabei soll die Strategie des "maximalen Drucks", die Machtbalance nicht nur im Nahen Osten beschleunigen.

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The Great Game (Das große Spiel)



Trumpismus: Agenda der Realpolitik und des Unilateralismus


Eine neue Ära bedeutet auch immer neue geopolitische Entwicklungen. Die Zeitenwende wird erstmal durch große Technologiesprünge eingeleitet, sie verschiebt damit jedoch auch globale Machtverhältnisse. Und Machtstellungen sind immer kostspielig. Um diese halten zu können braucht es viele Ressourcen und strategische Verbündete. Bündnisse und Allianzen gibt es jedoch nicht zum Nulltarif. Fakt ist, dass kein Land für ein anderes etwas aus Nächstenliebe tut, nicht nur in Zeiten großer Veränderungen. Es ist die brutale Logik großer Mächte in Zeiten großer Wenden unilateral zu agieren. In guten Zeiten entscheidet der politische Kurs der Großmächte, der in der Regel von wirtschaftlichen Zielen bestimmt wird und durch das Machtverhältnis, dem Markt- und Wettbewerbsvorteil, geprägt ist.



US-Amerikanische Flaggen USA
Image by Jakob Owens | Unsplash

Diesen Kurswechsel der USA, der America First-Politik (America First Policy) mit Isolationismus und Anti-Interventionismus hat Donald Trump in seiner ersten Amtszeit angekündigt und mit seiner Wiederwahl erneut eingeläutet. 100 Jahre nach Woodrow Wilson, dem 28. Präsidenten der USA und seiner politischen Kampagne von 1916.


In der Zwischenkriegszeit (1918-1939) gewann ein eher nicht-interventionistischer Ansatz an Bedeutung, der vom America First Committee vertreten wurde, einer anti-interventionistischen Gruppe, die sich gegen den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg aussprach.


In seiner ersten (2017-2021) und zweiten Amtszeit (2025 bis heute) betonte Donald Trump wie schon in seinen beiden Wahlkampagnen (2016 und 2024) immer wieder den Rückzug der USA aus internationalen Verträgen und Organisationen in der Außenpolitik der Regierung.

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America First (Slogan)


Internationale Beziehungen sind in unsicheren Zeiten durch die absolute Dominanz von Sicherheitsinteressen, Selbsterhaltungstrieb und Verweigerung von Kooperation ihrer Akteure geprägt. Es geht Trump als US-Präsidenten politisch um nationale Interessen, um Abkommen zum Vorteil der USA; es geht um Deals mit dem größten Nutzen für die Vereinigten Staaten im Rahmen von Abkommen, Wirtschaftsverträgen und Bündnisverpflichtungen. Die Supermacht USA ist mit rund 36 Billionen hoch verschuldet. Die Gesamtverschuldung (öffentlich und privat) beträgt gemäß US-Notenbank am 15. März 2024 atemberaubende 97,9 Billionen US-Dollar. Die Vereinigten Staaten von Amerika bangen aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage um ihre weltpolitische Vormachtrolle. Trumps Agenda lautet unmissverständlich „Make America Great Again“, der US-Präsident und seine Administration betreiben Realpolitik.


Der Politikwissenschaftler Walter Russell Mead ordnet Trumps Agenda auf dem Gebiet der amerikanischen Außenpolitik in einen größeren historischen Kontext ein. Er sieht den Trumpismus als eine Wiederkehr des populistischen Jacksonianismus der 1830er Jahre, der sich durch Nationalismus ausgezeichnet und sich für auswärtige Angelegenheiten nur interessiert habe, wenn er die nationalen Interessen bedroht gesehen habe. Von daher habe Donald Trump seinen politischen Erfolg auch der zunehmenden Unpopularität der US-amerikanischen Außen- und Interventionspolitik zu verdanken, die seit Jahrzehnten von republikanischen wie demokratischen Administrationen verfolgt wurde und eine liberale Weltordnung angestrebt hat.

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Trumpismus (Trumpism)


Man kann nun von Donald Trump als Menschen und seinen Ambitionen halten, was man will. Aber seiner Agenda mangelt es trotz aller Kritik nicht an Visionen und Weitsicht im Interesse der Vereinigten Staaten. Sie hat sogar sehr gute Chancen auf eine Umsetzbarkeit, wenn man sich die politischen Vordenker der USA ansieht, denen er es gleichtun will. Der mögliche Erfolg liegt nicht nur in der Größe des Landes begründet, die ihr mehr Spielraum gibt, als viele für möglich halten wollen.


Mit der Aussage in seiner ersten Kabinettssitzung am 26. Februar 2025 „die EU wurde gegründet um die USA zu bescheißen,“ meint Trump realpolitisch genau das was er vorhat, nämlich Europa nicht mehr ohne Gegenleistung vor möglichen Aggressoren von außen schützen zu wollen. Es war der Startschuss eines strategisch herbeigeführten Handelskriegs mit der Europäischen Union, der damit gleichzeitig auch auf die Agenden seiner europäischen Wettbewerber stößt.


"Look, let's be honest, the European Union was formed to screw the United States, that's the purpose of it, and they've done a good job of it" - Donald Trump

Europa dagegen scheint weder eine weitsichtige Vision noch eine einheitliche Strategie zu haben, die sich dazu in kritischen Fragen durch die zusätzlichen Institutionen in Brüssel und ihren Regelungen in ihrer Effizienz lähmt. Die aktuelle geopolitische Lage zwingt Europa also ungewollt, sich schnell zu emanzipieren und für sich selbst (verteidigungspolitisch) als wirkliche Union einzustehen, ohne die USA als Schutzmacht. Die hohen Verteidigungskosten spielen in der Strategie des 45. und 47. US-Präsidenten überdies eine wichtige Rolle.


Die Trump Administration orientiert sich eng an den als real anerkannten Bedingungen und Möglichkeiten die momentan vorherrschen und sich der USA zukünftig bieten. In der Interessensphäre der USA geht es nicht mehr um Kooperationen mit Verbündeten die der Wohlfahrt dienen. In internationalen Beziehungen führt Trump keine Appeasement-Politik, keinen Idealismus (Liberalismus) nach dem Vernunftprinzip, in der jeder Konflikt und Interessengegensatz auf kooperative Weise durch Kompromiss und Ausgleich lösbar ist. Donald Trump macht Politik des Realismus. Mit einer offensiven Angebotspolitik soll die USA nach dem Minimalstaatskonzept (Minarchismus) wieder wachsen und zu alter Stärke zurückkehren.



Trumponomics: Minarchismus & Trickle-Down-Ökonomie


Trumps Minarchismus folgt der Theorie einer Trickle-Down-Ökonomie. Das ist Denken in einem Nullsummenspiel, so wie schon bei der neokonservativen Außenpolitik George Bushs der 2000er Jahre und zuvor bei Ronald Reagans Reaganomics der 80er Jahre. Eine begrenzte Regierung, die sich auf den Schutz individueller Rechte und die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen konzentriert, soll zu einer effizienteren, wohlhabenderen und freieren Gesellschaft führen.


Dabei wird davon ausgegangen, dass eine allgemeine Überproduktion in einer Volkswirtschaft unmöglich sei, da jedes Angebot in demselben Umfang kaufkräftige Nachfrage schaffe, die durch Faktoreinkommen und Gewinne dem Wert der erstellten Produkte entspreche. Sprich nach dem Sayeschem Theorem kann ein Überangebot an Kapital - aufgrund des Ausgabenverzichtes der einzelnen Wirtschaftshaushalte und damit einer Erhöhung von freier Liquidität - die Kreditzinsen derart vergünstigen, dass dies ausreichend Anreiz zu kreditfinanzierten Investitionen sowie zu Konsumkrediten darstelle:


jeder Einnahmeüberschuss würde durch zumindest einen anderen (kreditaufnehmenden) Wirtschaftsakteur ex post in gleicher Höhe an die Realwirtschaft ausgegeben werden.

Gemäß der Österreichischen Schule (Austrian School) sowie der neoklassischen Theorie könne kein Sparparadoxon entstehen, da dem Sayschen Gesetz entsprechend, ein wirtschaftliches Ungleichgewicht aufgrund von erhöhtem Sparaufkommen niemals auftreten kann.

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Minarchismus (Minimalstaat)


Die Angebotspolitik in der politischen Ideologie des Nachwächterstaats, wird von dem Ökonomen und Keynesianer John Kenneth Galbraith als Pferdeäpfel-Theorie (horse and sparrow theory) bezeichnet. Die Theorie, dass der Laissez-faire-Liberalismus für das Unternehmertum der Wirtschaft einen endlosen Boom von Investitionen und Wachstum bescheren würde, ist seit etwa 1980 durch die Chicagoer Schule (Chicago School) in der Bewegung der politischen neuen Rechte (New Right) wieder populärer und prägte die Steuerpolitik von Regierungschefs und Staatsoberhäuptern wie Ronald Reagan, Margaret Thatcher oder eben jüngst Donald Trump.


„Wenn man einem Pferd genug Hafer gibt, wird auch etwas auf die Straße durchkommen, um die Spatzen zu füttern“

Diese Vorstellung des Minimalstaat-Konzepts in unterschiedlichen Ausprägungen, wurde viele Dekaden unter verschiedenen anderen Namen vom klassischen Liberalismus bis hin zum Minarchismus vertreten, besonders in den USA der 1920er Jahre, als es so schien, als ob das Laissez-faire für die Spitze der ökonomischen Struktur Wachstum und Erträge produzierte.


Bekannt wurde er durch Andrew Mellon, Finanzminister unter drei US-Präsidenten, als „Mellon-Plan." Als Amerika in die materialistischste Zeit (Materialismus) ihrer Geschichte eintrat, verfolgte Mellon die Philosophie des Schuldenabbaus, der Steuersenkung und eines ausgeglichenen Haushalts. Sein Steuerreformplan, senkte insbesondere die Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener.


Mellon argumentierte, dass eine Senkung der Steuersätze für Spitzenverdiener die Steuervermeidung minimieren und sich nicht negativ auf die Staatseinnahmen auswirken würde, da dies zu einem größeren Wirtschaftswachstum führen würde. Es würde daher dem Staat letztlich mehr Steuereinnahmen bescheren. In den 1920er Jahren gehörte Mellon US-weit zu den höchsten Zahlern einer Einkommenssteuer nach John Rockefeller und Henry Ford.


Seit ungefähr Mitte der 1950er wurde der ökonomische Gegenentwurf zur Trickle-down-Theorie (mit einem Bottom-down-Ansatz) als Trickle-up-Theorie und eine darauf beruhende Volkswirtschaft ab den 1980ern als Trickle-up-Ökonomie bezeichnet. Es gilt vereinfacht als Schlagwort für eine dezentralisierte Wirtschaft, in der Wohlstand in die Hände vieler verteilt wird. Diese entsprechende Konzept wurde in Zusammenhang mit der Obama-Administration wieder aufgegriffen und unter dem Ausdruck Bottom-up-Ökonomie verwendet. Auch die Maßnahmen der Biden-Administration wurden als Trickle-up-Ökonomie bezeichnet.

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Paradox der Sparsamkeit (paradox of thrift)


Die "Reaganomics" stellen eine Zäsur in der Wirtschafts- und Sozialentwicklung der USA dar. Unter dem Begriff Reaganomics versteht man bis heute eine Agenda der Deregulierungen, Handelsabkommen und Steuerreformen zum Vorteil der USA. Trump und Reagan haben nicht nur diese Gemeinsamkeiten.


Ronald Reagans politische Agenda stellte eine radikale Abkehr vom New-Deal Franklin D. Roosevelts dar, mit dem der Staat (aktiv) regulierend in die Wirtschaft eingriff. Donald Trump bezeichnete seinen Vorgänger Joe Biden als den schlechtesten Präsidenten Amerikas und leitete eine radikale Abkehr seiner progressiven Politik ein, die der liberalen Demokraten, die er als schädlich für die USA sieht, weil Staatseingriffe gravierenden Fehlentscheidungen mit sich bringen und die Bürokratie zu Ineffizienz und einem Deep State führen.


Foto Portrae Ronald Reagan
Image by Library of Congress

Reagan popularisierte die Prinzipien des Neoliberalismus, die von den Nobelpreisträgern Milton Friedman und Friedrich Hayek sowie von konservativen Denkfabriken vorangetrieben wurden. Er kämpfte für Freiheit um jeden Preis und für schroffen Individualismus, und übersetzte diese Philosophie in eine breit angelegte Ablehnung gegen jegliche staatliche Aufsicht, zu der auch die Regulierung der Finanzmärkte gehörte. Trump geht mit seiner libertären Agenda noch einen Schritt weiter, zur radikalsten Form des Liberalismus, zum Minarchismus.


Wie Ronald Reagan in seiner Regierungszeit verzeichnet auch Donald Trump heute ein tiefes Außenhandelsdefizit und ein umfangreiches und sich ausweitendes Haushaltsdefizit. Und wie Reagan wird Trump das Außenhandelsdefizit in seiner zweiten Amtszeit durch die gezielte Abwertung des US-Dollar gegenüber den wichtigsten Handelswährungen angehen.


Donald Trump Mar-a-Lago Accord und das Weltwirschaftssystem


Das zentrale Abkommen dazu nennt sich Mar-a-Lago Accord und orientiert sich an Reagans sogenannten Plaza Accord aus dem Jahre 1985. Trump will mit seinem Trumponomics und Trumpism in die Geschichte eingehen und plant mit seinem Mar-a-Lago Accord durch die gezielte Schwächung des Dollars eine vergleichbare Wende am Devisenmarkt.


Hinter dem Projekt stehen US-Finanzminister Scott Bessent und der Vorsitzende des Council of Economic Advisers, Stephen Miran, der das dazugehörige Strategiepapier im November 2024 veröffentlichte. Die USA wollen nach den Worten Bessents das ganze Weltwirtschaftssystem ändern. Im Zentrum steht dabei die Frage, was der USA als weltgrößten Volkswirtschaft nützt.


Serling Silber Muenze mit Donald Trumps Konterfei
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Nach der Einführung der bereits angekündigten Strafzölle, folgt die Umsetzung des Mar-a-Lago Accords. Denn die Strafzölle, setzt die Trump Administration als Hebel in Verhandlungen mit anderen Staaten und deren Unternehmen ein. Damit sollen nicht nur die Einnahmen für die USA erhöht werden, Strafzölle wirken auch aufwertend auf den US-Dollar. Das wiederum schwächt die Wettbewerbsfähigkeit US-amerikanischer Unternehmen im Ausland. Folglich zwingt die Trump Administration mit ihrer Strategie die Verhandlungspartner erneut an den Verhandlungstisch. Gleich nach den erfolgreichen Verhandlungen auf Grundlage der Strafzölle, sollen diese einer Abwertung des US-Dollar zustimmen.


Zu Reagans erster Amtszeit saßen sein Außenminister James Baker mit den Finanzministern (West-)Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Japans zusammen, um die Notwendigkeit einer 50-prozentigen Aufwertung des US-Dollar gegenüber dem Yen zu besprechen. Nämlich die zuvor überzogene Hartwährungspolitik Reagans, schadete der US-Wirtschaft mehr als sie ihr nutzte. Die so entstandenen erheblichen Wettbewerbsnachteile der USA im Ausland sollte dann der Plaza Accord ausgleichen. Reagan sorgte damit für eine deutliche Abwertung des US-Dollar und brachte den Pivot in der strauchelnden US-Wirtschaft, was jedoch nur möglich war weil alle eingeladenen Finanz- und Außenminister dies vollumfänglich unterstützten und somit ihre Währungen aufwerteten.


Der Plaza Accord gilt bis heute zu den erfolgreichsten kooperativen Eingriffen in den Devisenmarkt und reiht sich hinter dem geschichtsträchtigen Abkommen zum Bretton Woods-System ein. Trump will mit seinem Mar-a-Lago Accord das globale Finanzsystem umbauen. Flankiert wird dieser Umbau von einem Sovereign Wealth Fund, der bereits in Arbeit ist und einem Abwälzen eines erheblichen Teils der hohen Verteidigungskosten im Ausland auf die Alliierten.


Die Trumponomics sollen in drei Phasen wie folgt ablaufen:


  1. Strafzölle: Trumps hohe Einfuhrzölle zwingen die Unternehmen, die im Ausland billig produzieren und in den USA teuer verkaufen, einen größeren Teil ihrer Margen in Amerika zu lassen, was die US-Wirtschaft stärkt.

  2. Dollar-Abwertung: Damit zwingt die USA ihre wichtigsten Handelspartner, einer Abwertung des US-Dollar zuzustimmen, indem sie ihre Währungen aufwerten.

  3. Finanzierungskosten: Daraufhin werden die Finanzierungskosten in den USA stark gesenkt und die (ausländischen) Gläubiger gedrängt, bei der Kapitalüberlassungsdauer ihre Forderungen gegen die USA in längere Laufzeiten „freiwillig“ zu wandeln.


Dabei werde man nicht nur auf Gegner wirtschaftlichen Druck ausüben, selbst langjährige Verbündete wie Deutschland können nicht mit Schonung rechnen, wenn sie sich nicht der globalen Vision Trumps anschließen. Bei der America-First-Handelspolitik handelt es sich um Pläne zur Neugestaltung des Welthandels und zur Lockerung der Bankenvorschriften. Trump hat eine "aggressive Kampagne zur Neuausrichtung des internationalen Wirtschaftssystems" gestartet, heißt es von Scott Bennett im Economic Club of New York. "Der Zugang zu billigen Waren ist nicht die Essenz des amerikanischen Traums", sagte er.


"In dem Maße, in dem die Praktiken eines anderen Landes unserer eigenen Wirtschaft und Bevölkerung schaden, werden die Vereinigten Staaten reagieren.“

Erstes Ziel sei dabei der Zusammenbruch des Iran, so Bennett.




Trump-Doktrin und der US-Imperialismus


Die globale Führungsrolle verfolgt die USA seit Jahrzehnten, genauer gesagt seit dem Ende des imperialen Jahrhundert Großbritanniens 1914, der Pax-Britannica, als das großbritische Prinzip der Welt- und Kolonialherrschaft ein Ende nahm. Diese britische Jahrhundert regelte den relativen Frieden zwischen den großen Mächten in einem groben Zeitraum von den Napoleonischen Kriegen bis zum Ersten Weltkrieg. Während dieser Zeit des19. Jahrhunderts wurde das British Empire zur globalen Hegemonialmacht, mit einer riesigen Einflusssphäre in ihrer Rolle als „Weltpolizei“.


Der Ökonom Barry Eichengreen, der den Aufstieg und Fall der britischen Hegemonie untersuchte, verglich im Rahmen seiner Arbeiten auch die Weltwirtschaftskrise mit den Finanzkrisen seit 2010 und deren Auswirkungen im Euro-Raum die bis heute noch nachhallen. Er kam zum bekannten und oft zitierten Fazit:


„die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“.

Wiener Kongress Halle
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Im Vergleich der geopolitischen Verhältnisse finden wir ebenfalls Geschehnisse die sich reimen. Nicht nur der Untergang des Römischen Reichs und die Unruhen die das Byzanz zu Fall gebracht haben, oder mit Blick auf die jüngere europäische Geschichte, dem Wiener Kongress zur Neuordnung Europas nach den Befreiungskriegen beziehungsweise Koalitionskrieg gegen Napoleon 1814-1815.


Allein bei der territorialen Neuordnung während des Wiener Kongresses, lassen sich die Reime der geopolitischen Geschichte erkennen. Bei den Entscheidungen darüber, welcher Staat welche Territorien abzugeben hatte beziehungsweise welche Territorien ihm zugeschlagen wurden, lagen Vorarbeiten einer „Statistischen Kommission“ zugrunde. Dieser Kommission wohnten Fachleute und Experten bei, die darüber entschieden welches Gebiet, welchen Wert hat. Darunter waren Geographen, Ökonomen und Bevölkerungsstatistiker die in aufwendiger Kleinarbeit den jeweiligen „Territorialwert“ veranschlagt, in den vor allem die Größe des Territoriums, seine Einwohnerzahl und dessen Ertragskraft einflossen. Nach reiner Nutzethik ließen sich abgehende und gewonnene Territorien, Forderungen und Zugeständnisse näherungsweise miteinander verrechnen, ohne Rücksicht auf sozio-kulturelle Werte und Unterschiede.


Auch 40 Jahre später nach Napoleon, als Russland seinen Einfluss auf dem Balkan auszudehnen versuchte, besiegten die Briten und Franzosen die Russen im Krimkrieg (1853–1856) und schützten so das schwache Osmanische Reich, welches als Puffer gegen die Expansion Russlands diente. Wieder wurden die gleichen Fehler gemacht, die zu ethnischen und religiösen Konflikten führten. Die Balkanisierung von Pufferzonen, nämlich der Balkan selbst, die Maschrek-Region und der Kaukasus, ist nach der Pax Britannica auch die Politik Frankreichs und die der USA während ihrer ersten Pax Americana gewesen.

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Maschrek/Mashriq


Im Ersten Weltkrieg erhofften sich führende arabische Politiker zunächst eine Unterstützung ihrer Unabhängigkeitsbestrebungen durch die Triple Entente, der Allianz zwischen Frankreich, Russland und dem Vereinigten Königreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese haben die Arabische Revolte gegen das Osmanische Reich unterstützt. Diese Erwartungen wurden jedoch durch die nachfolgende Teilung der Region in von Großbritannien und Frankreich kontrollierte Gebiete gemäß dem geheimen Sykes-Picot-Abkommen vom Mai 1916 zunichtegemacht.

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Sykes-Picot-Abkommen


Die US-imperialistische Bush-Doktrin der Pax Americana geht auf die Wolfowitz-Doktrin vom 16. April 1992 zurück und sah in Erhalt und Ausweitung der US-Hegemonie die oberste Priorität.


Der Imperialismus spielt auch nach dem Ende der Pax-Americana und der heutigen Politik der USA eine wichtige Rolle. Es gab unter anderem eine Reihe von Projekten neokonservativer Denkfabriken. Eine stand für das neue, ein zweites amerikanisches Jahrhundert (PNAC: Project for the New American Century). Nach Beendigung folgte die Foreign Policy Initiative (FPI) eines ebenso neokonservativer Think Tank mit Sitz in Washington, D.C. Die FPI gilt als Nachfolgeorganisation des umstrittenen PNAC und wurde wie dieses von William Kristol, dem Sohn Irving Kristols gegründet, einem der wichtigsten Vertreter des Neokonservatismus. Jamie Fly diente FPI ab 2009 als Direktor, bis er Berater des Senators von Florida Marco Rubio wurde, der seit Januar 2025 als Außenminister der Vereinigten Staaten im amtierenden Trump-Kabinett

(Trump II) tätig ist.


Das Verteidigungsministerium der USA hat die Leitlinien zweier aufeinander-folgenden Strategiepapiere der US-Streitkräfte, die des Joint Vision 2010 und der Neuauflage der Joint Vision 2020 in ihre Militärdoktrin Stück für Stück umgesetzt. Die "Vision für die streitkräfteübergreifende Gefechtsführung“ entspricht einer Politik der Dominanz des gesamten Spektrums (full-spectrum dominance) und wurde nicht nur vom PNAC gebilligt, sondern auch durch die Doktrin Joint Vision 2020 aktiv gefördert. Darin sind Überlegungen zu einer „Überlegenheit auf breiter Front“ formuliert und meint die Kontrolle des Landes, der See, der Luft und des Weltraums und aller begleitenden Ressourcen der US-amerikanischen Streitkräfte.


Die USA möchte Bedrohungen auf dem gesamten Erdball begegnen können und dabei spielt die Fähigkeit zu einem Prompt Global Strike (PGS) (etwa: umgehender, weltweiter Schlag) eine zentrale Rolle. Presseberichten zufolge haben allein die USA im Jahr 2020 mehr als drei Milliarden Dollar in die Entwicklung entsprechender Hyperschall-Waffensysteme investiert, die jedes Ziel auf der Erde innerhalb einer Stunde erreichen sollen. Als Reaktion auf PGS, beziehungsweise auf den Conventional Prompt Strike entwickelte Russland laut dem russischen Verteidigungsministerium die RS-28 „Sarmat“ Interkontinentalrakete.


Trumps Mischkonzept zwischen Containment und Rollback


Seit Harry S. Truman 1947, mit dem Beginn des Kalten Krieges setzt die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihren Doktrinen in Krisenzeiten auf Realpolitik, wenn auch mit unterschiedlichen Konzepten.


Portrae Harry S. Truman
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Auf die Eindämmungspolitik (Containment) gegen die UDSSR im Kalten Krieg folgte gleich eine striktere Eisenhower-Doktrin mit einer aggresiveren Politik der Zurückdrängung (Rollback). Sprich Trumans defensive Containment-Politik folgte eine offensive Rollback-Politik, die militärische Einsätze nicht ausschloss, auch wenn es zu einer direkten Konfrontation mit der Sowjetunion nie gab. Das Rollback wurde deshalb nie in eine zusammenhängende Politik umgesetzt, da das nukleare Patt jede direkte Konfrontation zwischen den beiden Supermächten, der USA und UDSSR verhinderte und vielmehr zu Stellvertreterkriegen in der Dritten Welt führte.


Portrae Dwight D. Eisenhower
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Die unbeabsichtigten Folgen dieser antikommunistischen Rollback-Politik führte zu Rückstößen (Blowbacks), sprich unbeabsichtigte Effekte, bei dem die inoffizielle außenpolitische Aktivitäten durch subsersive Operationen und verdeckte Operationen später negativ auf die USA zurückfielen. Die Kosten und Konsequenzen waren teilweise fatal.


So stellt unter anderem der Krieg in der Ukraine, in der zweiten Welt, der vermeintlichen Pufferzone zwischen Ost und West einen solchen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland dar. Als letzte Konsequenz aus einem vermeintlichen Wortbruch während der Zwei-plus-Vier-Abkommen über die Neutralität Ukraines und der NATO-Osterweiterung, sieht Putin seine Legitimation in der Besatzung ukrainischer Gebiete. Wladimir Putin führte am 18. März 2014 den angeblichen Bruch westlicher Versprechen als Rechtfertigung für die russische Annexion der Krim an.


Es geht in dem aktuellen Konflikt in der Ukraine auch um die NATO-Osterweiterung. In den Verhandlungen, die zum Zwei-plus-Vier-Abkommen führten, wurde der sowjetischen Seite zugesagt worden, was der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher auch in einer Rede vor dem transantralntischen Bündnis forderte, "es Sache der NATO ist, eindeutig zu klären, was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben. […]


"Der Westen muss auch der Einsicht Rechnung tragen, dass der Wandel in Osteuropa und der deutsche Vereinigungsprozess nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen dürfen."


Trumps struktureller Realismus zwischen Internationalismus und Isolationismus


In den vergangenen gut 100 Jahren konnten wir stets Pendelausschläge zwischen Internationalismus und Isolationismus der USA erleben, also der Bereitschaft, weltweit zu intervenieren und der Neigung, sich auf sich selbst zurückzuziehen.


Unter dem 45. und heutigen 47. US-Präsidenten ist die Realpolitik nur sichtbarer da sie offensiver und als struktureller Realismus bzw. Neorealismus deutlicher zu tragen kommt, denn Donald Trump handelt wie ein Unternehmer. Investitionen brauchen einen „return“ (ROI) und spieltheoretisch ist er ein Player mit strikt dominanten/dominierenden Strategien die auf Nullsummenspiel hinauslaufen. Kanada, Mexiko, Panama, Europa, Ukraine, alle bisherigen Abkommen und Verträge mit Staaten und Verbündeten sind neu verhandelbar.

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Strategie des Realismus und Neorealismus


Um den West-Ost-Konflikt geht es heute längst nicht mehr. Die Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und Kommunismus ist dem Kampf um neue Schlüsseltechnologien und neue Ressourcen, sogenannte seltene Erden und seltene Metalle gewichen.


Ressourcenknappheit bedeutet auch Kampf um Boden. Ein Ende des Ukraine-Kriegs und eine Wiederannäherung der USA an Russland bringe nach Trumps Politik deshalb allen Seiten Vorteile. Für die USA ist es zudem auf geostrategischer Ebene die Chance, die Achse Russland-China-Nordkorea-Iran zu durchbrechen, die "eine wirkliche Bedrohung der Vereinigten Staaten" sei, so Keith Kellogg, pensionierter Generalleutnant der US-Armee und Trumps Sondergesandter für die Ukraine und Russland.


Ob die libertäre Trump-Regierung ein klares ideologisch definiertes Projekt verfolgt ist unklar, aber nicht unrealistisch unter Anbetracht der Tatsache, dass China eine sehr ernstzunehmende Gefahr für Amerika darstellt. Ein Deal mit einem autoritären Russland und die Abwendung von der liberalen Weltordnung, also von Europas liberalen Demokratien, ist strategisch nachvollziehbar. Selbst ein Deal mit Russland und China als letzte Konsequenz ist unter US-Präsident Trump denkbar (strukturelle Anarchie). Europa steht nun vor der Herausforderung sich in einem geopolitischen Quantensprung neu zu erfinden.


Atomarer Schutzschirm und Damoklesschwert der USA


Eine weitere Parallele zu den 1980er Jahren, war die Äußerung des Verdachts während der Friedensbewegung, den USA gehe es mit der Stationierung von Atomwaffen in Europa nicht darum, Europa zu schützen, sondern lediglich darum, den amerikanischen Kontinent dadurch vor Angriffen mit Atomwaffen zu schützen,


dass trotz aller Beistandsbeteuerungen ein „Euroshima“ (ein auf Europa beschränkter, mit taktischen und eurostrategischen Atomwaffen geführter, immer noch „begrenzter“, da nicht mit Langstreckenwaffen geführter Atomkrieg) billigend in Kauf genommen werde.

Weiter hieß es, das Reden von einem „atomaren Schutzschirm“ der USA sei ein „Märchen“. „Der ‚Atomschirm‘ ist keiner. Was da in Wahrheit über uns hängt, ist ein Damoklesschwert, und der Faden ist wieder dünner geworden. Es wäre verheerend, erneut zu verdrängen, dass der Frieden bereits während des Kalten Krieges unter dem vermeintlichen Schutzschirm an einem hauchdünnen Faden hing. Gleich mehrfach schrammte Europa nur durch reines Glück (und einmal durch die Besonnenheit eines russischen Offiziers (Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow, sowjetischer Oberstleutnant) am atomaren Inferno vorbei.“


Erst mit neuen Aufrüstungsschritten und -plänen der NATO ab 1979 entstand in einigen westlichen Staaten eine breite, länderübergreifende und auf Zustimmung großer Bevölkerungsteile gestützte Friedensbewegung. Diese hatte als Nahziel die im NATO-Doppelbeschluss angekündigte Raketenstationierung zu verhindern, mittelfristig andere Sicherheitskonzepte und langfristig vollständige atomare Abrüstung durchzusetzen.


In einer Welt in der ein offenes, multipolares Staatensystem ohne zentrale Entscheidungs- oder Sanktionsinstanz herrscht, gibt es keine Weltregierung die alles regelt. Die souveränen Nationalstaaten befinden sich in der Theorie des Realismus in einem permanenten Überlebenskampf untereinander und ihre Außenpolitik ist ausschließlich von diesem Kampf bestimmt. Mit Sicht auf Europa, ist der politische Druck von Seiten Trumps, Putins und Erdogans enorm. Alle drei legen keinen Wert auf liberale Grundprinzipien. Hinzu kommen Chinas hegemoniale Ziele unter Xi Jinping (eine dritte Pax Sinica) und Narendra Modis Ambitionen. Indien ist derzeit die am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft der Welt. Sie liegt in der konjunkturellen Entwicklung vor vielen anderen Schwellen- und Entwicklungsländern Asiens. China und Indien sind beides Atommächte.


Trumps Strategie im Idopazifk und die Gefahr einer Pax Sinica


Der Begriff Pax Sinica lebt seit Anfang des 21. Jahrhunderts erneut auf, da der Wiederaufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Großmacht die geopolitische Lage Asiens verändert. Viele Asiaten vertreten die Meinung, dass eine erneuerte Pax Sinica in Zentralasien dazu beitragen könnte, die Stabilität in der Region aufrechtzuerhalten. Diese Entwicklung betrachtet die USA mit Sorge mit Blick auf ihre strategischen Verbündeten Japan, Südkorea und Taiwan im Indopazifik.


Skyline Tokio Japan
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Für Japan ist das Bündnis mit den Vereinigten Staaten zentrales Element seiner Sicherheits- und Verteidigungspolitik; für die USA gilt Japan als Major non-NATO ally und wichtigster Verbündeter der Region. Der Status Major non-NATO ally (MNNAs) ermöglicht Abkommen über gemeinsame Forschung und Entwicklungsprojekte abzuschließen. Darüber hinaus erhalten die MNNAs militärische und finanzielle Zuwendungen. Neben dem jüngsten Verbündeten Jordanien, sind das die Länder Australien, Ägypten, Israel, Japan und Südkorea. Afghanistan wurde nach der Machtübernahme der Taliban der Status entzogen.

Südkorea unterstützte die USA in jedem Krieg seit dem Vietnamkrieg und zuletzt im Irakkrieg.


Militärisch sind Japan und die USA seit dem Anglo-Japanische Bündnis von 1902 verbunden, als Japan an die Westmächte gebunden wurde und im Ersten Weltkrieg an der Seite der Alliierten kämpfte.


Nach den Spannungen der darauffolgenden Jahre bis zur Kapitulation Japans im zweiten Weltkrieg und der Besatzungszeit durch die USA, änderte sich auch das wirtschaftliche Verhältnis beider Länder. Insbesondere in den späten 90er Jahren verbesserten sich die Beziehungen deutlich. Die Deflationskrise in Japan nach dem Platzen der bubble economy, der Aufschwung in den USA und der Aufstieg Chinas, reduzierten die empfundene Bedrohlichkeit der japanischen Wirtschaftsmacht. Mittlerweile sind die USA und Japan ökonomisch und militärisch eng verflochten.


Skyline Seoul Suedkorea
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Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Südkorea gehen auf die 1950er Jahre zurück, als sich die USA nach dem Koreakrieg an der Gründung des modernen Staates Südkorea beteiligten. Die Vereinigten Staaten kämpften im Koreakrieg (1950–1953) auf der Seite Südkoreas und fungieren seitdem als dessen Schutzmacht. Nach dem Krieg profitierte das Land von Wirtschaftshilfen aus den USA, die beim Wiederaufbau Südkoreas halfen.


Südkorea ist durch sein Wirtschaftswunder inzwischen zu einem der wichtigsten Wirtschafts- und Handelspartner der USA aufgestiegen. Jedoch sind die Vereinigten Staaten für Südkorea mittlerweile nur noch der zweitwichtigste Handelspartner, nach der Volksrepublik China, die die USA als größten Handelspartner abgelöst haben.


Zwischen den USA und Südkorea besteht seit 2012 ein bilaterales Freihandelsabkommen. 2021 lag das bilaterale Handelsvolumen bei 166 Milliarden US-Dollar, womit Südkorea für die USA der sechstgrößte Handelspartner waren. Der bilaterale Handel beinhaltet vor allem hochkomplexe Industriegüter wie Elektrotechnik, elektrische Geräte und Automobile. Bedeutende koreanische Unternehmen wie Samsung, LG Electronics und Hyundai haben in den USA investiert und dort knapp 95.000 Arbeitsplätze geschaffen.


In der Vergangenheit haben die Südkoreaner zur Förderung der heimischen Wirtschaft Industriepolitik betrieben, was seit Jahren zu einem hohem Handelsdefizit der USA führte, das 2021 bei 17 Milliarden US-Dollar lag. Dies hat bereits zu Gegenmaßnahmen vonseiten der USA geführt, so erhob Donald Trump in seiner ersten Amtzeit 2016 Strafzöllen auf Stahl aus Südkorea.

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Strategische Bedeutung Japans, Südkoreas und Taiwans für die USA



Zwischen 2001 und 2023 hat Taiwan Rüstungsgüter im Wert von knapp 50 Milliarden US-Dollar aus den USA importiert. Taiwanesische Unternehmen haben wiederum in den USA über 165 Milliarden US-Dollar investiert. Anfang März 2025 kündigte die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), der größte Chiphersteller der Welt, den Bau neuer Fabriken im Wert von 100 Milliarden US-Dollar (92 Milliarden Euro) in Arizona (USA) an. Seitdem wachsen in Taipeh die Bedenken, die Verlagerung der Produktion ins Ausland könnte dazu beitragen, die Position der selbstverwalteten Insel gegenüber China zu schwächen.


Skyline Taipeh Taiwan
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Die Produktionsverlagerung hat strategische Gründe, vor dem Hintergrund der Ankündigungen Chinas, Taiwan notfalls auch mit Gewalt wieder mit dem Festland zu vereinen. TSMC ist der bedeutendste Produzent hochmoderner Halbleiter, die in zahlreichen Produkten, von Smartphones bis zu Kampfjets, zum Einsatz kommen. Die Anfälligkeit der globalen Halbleiterversorgung gilt demnach als entscheidender strategischer Faktor im globalen Machtkampf zwischen China und den USA.


Im Rahmen des Systemwettbewerbs mit der Volksrepublik China und den dadurch entstehenden immer mehr zunehmenden Spannungen wurde die Position der USA in Bezug der Sicherheitsfragen klarer (strategische Ambiguität der USA). Auch nach Trumps kritischer Haltung zu China in seiner ersten Amtszeit, versprach sein Nachfolger Joe Biden ab 2021 mehrfach öffentlich, dass die USA Taiwan im Falle eines Angriffs der Volksrepublik verteidigen würden.


Während seiner ersten Amtszeit hat sich Donald Trump kaum zu Taiwan geäußert; im Wahlkampf 2024 wurden seine Äußerungen zur Taiwan-Politik jedoch unerwartet lautstark und provokativ. Trump hat öffentlich seine Unzufriedenheit mit Taipeh zum Ausdruck gebracht, indem er behauptete, die Insel habe sich das „Chipgeschäft“ der Vereinigten Staaten angeeignet, und betonte, dass sie die finanzielle Verantwortung für ihre eigene Verteidigung tragen sollte. In gewohnter Rhetorik hieß es nun von seiner Seite


“If I answer that question, it will put me in a very bad negotiating position.”

Der Grund für das Engagement Taiwans in den USA sei nach Meinungen von Experten wie der von Chiang Min-yen, Ökonom am Research Institute for Democracy, Society and Emerging Technology und Antonia Hmaidi, Geopolitik- und Technologieanalystin am Mercator Institute for China Studies (MERICS) bei Trumps Agenda zu suchen. Die Investitionen fallen vielmehr unter Trumps Programm "Vision und Unterstützung" aus dem Jahr 2020, so Wei in einer Pressemitteilung. Die Expansion sei "die größte ausländische Direktinvestition in der US-Geschichte", hieß es seitens des Unternehmens. Geplant seien drei neue Fertigungsanlagen, zwei Verpackungsanlagen sowie ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. "Womöglich hätte TSMC seine Investitionen ohne den Druck durch Trump nicht erhöht", und auch wenn der Schritt von TSMC zwar nicht unbedingt die wirtschaftlich vernünftigste Entscheidung darstellt, meint Min-yen, ist sie wohl eine:


"notwendige Anpassung als Reaktion auf die globale Technologie-Geopolitik."

Trumps Unberechenbarkeit und seine unverblümte Rhetorik waren sowohl für seine Kritiker als auch für seine Verbündeten stets eine Quelle der Frustration. Mit dem Beginn seiner neuen Amtszeit befinden sich die Europäische Union, China und Taiwan erneut in einer komplexen geopolitischen Lage - einer Lage, die eine differenziertere strategische Planung und eine angemessene Reaktion auf eine zunehmend dynamische globale Landschaft erfordert.


Eine solche strategische Ambiguität Amerikas führt zu Unklarheit im bilateralen Verhälniss und einer transnationalen Zusammenarbeit. Es ist genau das, was Europa beunruhigt, das bereits mit seinen eigenen internen Spaltungen in der Taiwan-Frage sowie mit Unsicherheiten in Sicherheitsfragen aufgrund des russisch-ukrainischen Konflikts zu kämpfen hat.


Die jüngsten Drohungen Trumps, Zölle auf importierte Chips, Pharmazeutika und Stahl zu erheben, um die Hersteller unter Druck zu setzen, diese Produkte in den Vereinigten Staaten zu produzieren, haben in Taiwan und in der ganzen Welt zu größerer Unsicherheit und Sorge geführt. Trumps Drohung, mit Strafzöllen auf taiwanesische Halbleiter zu erheben, könnte die Beziehungen zwischen Taiwan und Europa weiter verkomplizieren, da die Halbleiter-Lieferketten, die für die europäische Industrie von entscheidender Bedeutung sind, unterbrochen werden.


Europa könnte sich zwar gegen solche Zölle wehren, um seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen, was zu engeren Handelsbeziehungen mit Taiwan führen könnte. Gleichzeitig wird es zu Spannungen zwischen Europa und den USA kommen, da die europäischen Nationen ihr Bündnis mit den Vereinigten Staaten gegen die Notwendigkeit eines stabilen Zugangs zu wichtigen Technologien abwägen müssen. Trump droht Europa nicht nur mit Strafzöllen, er zwingt die EU auch zur schneller Aufrüstung und einer eigenen umsetzbaren Sicherheitspolitik. Für hochtechnologische Rüstungsgüter werden Halbleiter benötigt und Taiwan ist der größte Halbleiterhersteller der Welt, der rund 90 Prozent der modernsten Chips der Welt produziert.


Ein möglicher chinesischer Angriff oder eine Blockade würde die Halbleiterproduktion erheblich stören und weltweit weitreichende wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Aus diesem Grund beobachten globale und regionale Mächte die sich entwickelnde geopolitische Dynamik rund um die Insel genau. Auch die Vereinigten Staaten müssen vorsichtig sein, wenn sie ihre Politik gegenüber Taiwan ändern wollen.


Die allgemeine geopolitische Lage verlangt von Europa, flexibel zu bleiben und starke Bündnisse zu pflegen. Die Europäische Union betrachtet ihre engen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten als wesentlich für die europäische Sicherheit, während China sowohl als Konkurrent als auch als Rivale angesehen wird. Dennoch ist Europa aufgrund des globalen Handelskriegs der von der Trump Administration ausgerufen wurde, gezwungen dringend Alternativen zu den USA und Taiwan zu suchen. Möglicherweise ist das Engagement mit China doch zu weiter zu vertiefen. China, das am Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie längst arbeitet, wird versuchen, seinen Einfluss in Europa zu vergrößern, indem es alternative Angebote macht oder engere Beziehungen durch Handelsabkommen fördert, was die Verbindung zwischen der EU und Taiwan schwächen könnte, aber auch zu den USA.


Trumps Nutzenethik im Machterwerb hat historischen Charakter


Betrachten wir den Charakter und die Verteilung der Macht im internationalen System aus der Sicht des klassischen Realismus und Neorealismus, ist das wichtigste Ziel jedes Staates neben Machterwerb das eigene Überleben zu sichern. Die maximale Macht wird klassisch wegen des als Macht definierten Interesseswegen und nach neuer Auffassung wegen der Struktur des internationalen Systems angestrebt, mit dem Ziel eine Machtbalance über eine Hegemonie zu erreichen, die in einem anarchistischen System die eigene Machtstellung sichert.


Hierbei zählen „allein die großen Mächte im System.“ Kleine Staaten bleiben Vasallen und können sich nur einer Macht anschließen, die dem sich abzeichnenden regionalen Hegemon Paroli bietet, oder sie warten ab, bis es ihnen ein Staat aus der Nachbarschaft abnimmt, eine gegnerische Koalition zu bilden.


Kunststich von US-Praesident Andrew Jackson 19. Jahrhundert
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Die (Real-) Politik dieser Länder ist eine Black-Box; ihre Innenpolitik spielt keine Rolle bei der Formulierung ihrer Außenpolitik. Mit Hinblick auf die amerikanische Nutzethik wird der Charakter der politische Kultur und das politische Handeln unter der Trump-Regierung so deutlich wie zu Zeiten von Andrew Jackson, dem siebten Präsidenten der Vereinigten Staaten von 1829 bis 1837.


Jackson und Trump ähneln sich in ihren innenpolitischen Entscheidungen und in ihrer Außenpolitik nicht nur in ihrem Temperament, mit einer geschickten Kombination aus "Aufschneiderei und Taktgefühl" (bluster and tact) wie es von Historikern heißt. Beide US-Präsidenten haben den Ruf, jähzornig und gewalttätig zu sein, was ihr Gegner in Angst und Schrecken versetzt.

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Trumps Rhetorik


Paralellen zu der aggressiven Politik Andrew Jacksons gibt es nicht nur zu Donald Trumps, sondern auch zu anderen US-Politikern der Vergangenheit beider Lager (Demokraten und Republikaner), die bei ihren geopolitischen Entscheidungen realpolitisch deffensiv beziehungsweise offensiv aufgetreten sind, um den Nutzen für die Vereinigten Staaten zu erhöhen.


Der ehemalige nationale Sicherheitsberater und enge Berater von Trump, John Bolton, bestreitet, dass es Trumpismus "in any meaningful sense" existiert, und fügt hinzu, dass Donald Trump keine Philosophie habe und eine Analyse seiner Entscheidungen scheitern würden:


"[t]he man does not have a philosophy. And people can try and draw lines between the dots of his decisions. They will fail."

Olivier Jutel, der für das Routledge Handbook of Global Populism (2019) schreibt, stellt fest:


"What Donald Trump reveals is that the various iterations of right-wing American populism have less to do with a programmatic social conservatism or libertarian economics than with enjoyment."

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Andew Jacksons politisches Vermächtnis


Die prägende kulturelle Philosophie der USA ist der Utilitarismus, der bei rationalen Entscheidungen kollaterale Schäden billigt zu Gunsten des Gesamtziels. Die Amerikanische Nutzethik kommt in der Zeitenwende deutlicher zu tragen, wie es im historischen Kontext der Wirtschafts- und Geopolitik der USA oft der Fall war.


Trumps Handlung ist genau dann moralisch richtig, wenn sie den aggregierten Gesamtnutzen, d. h. die Summe des Wohlergehens aller Betroffenen (dem amerikanischen Volk), maximiert. Sprich die (teleologische) politische Praktiken (Norm) der Amerikaner stehen in einem anderen Widerspruch zur Realität wie beispielsweise die der Europäer (deontologisch) wenn es um schöpferische und zerstörerische Verwirklichungsmöglichkeiten der Freiheit geht. Aus diesen Widersprüchen resultiert Angst, aus der Angst der Versuch, durch Machterwerb Sicherheit zu gewinnen.


Um Machtbalance geht es den USA nicht zwingend und als Hegemonie ist ihr Zielkonflikt im Umgang mit der Ukraine und Europa erkennbar, der ideengeschichtlich auf das sozialdarwinistisch begründete geopolitische Denken des Imperialismus und dessen „rigiden moralischen Relativismus“ zurückzuführen ist. Die Techniken der Balance of Power fokussieren sich auf folgende Techniken, mit dem Primärziel des Macherwerbs (Maximierung) und des Endziels einer Hegemonie.


Nur in letzter Konsequenz wird eine Machtbalance in einer multipolaren Ordnung zwischen nicht bezwingbare Großmächte angestrebt, allerdings im System der Anarchie (ähnlich dem Feudalsystem des mittelalterlichen Europa). Kleinstaaterei und die Balkanisierung von strategischen Regionen verhindern das Aufstreben der konkurrierenden Großmächte und dass sich weitere größere Bündnisse und Allianzen in der Welt bilden, die den Vereinigten Saaten gefährlich werden können. Aufgrund einer wirtschaftlichen und militärischen Abhängikeit, stimmen Vasallenstaaten der Führungsrolle gegenüber den übergeordneten Staaten zu und gehen eine gegenseitige Verpflichtung ein:


  • divide et impera: Mit "teile und herrsche" empfiehlt Niccolò Machiavelli, eine zu besiegende oder zu beherrschende Gruppe in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufzuspalten. Dadurch soll erreicht werden, dass die Teilgruppen sich gegeneinander wenden, statt sich als Gruppe vereint gegen den gemeinsamen Feind zu stellen.

  • Territoriale Arrondierung nach Kriegen: neue Grenzziehungen werden zum Nutzen des Okupators territorial abgerundet.

  • cordon sanitaire: Einrichtung von Pufferstaaten wie beispielsweise nach dem Kalten Krieg zwischer NATO und des Warschauer Pakts (Neutralität der Ukraine im Rahmen der NATO-Osterweiterung).

  • Bildung von Allianzen: um geostrategische Ziel zu erreichen

  • Regionale Einflussgebiete: beispielsweise das Übereingekommen der Siegermächte, über die aufzuteilenden arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches in Form von "Einflusszonen" untereinander (Sykes-Picot-Abkommen).

  • Militärische Interventionen: die Einmischung eines Staates, mehrerer Staaten oder internationaler Organisationen in die Innen- und/oder Außenpolitik eines Staates durch Anwendung oder Androhung militärischer Gewalt oder politischen Drucks (Waffenembargos, Flugverbotszonen, Friedensmissionen, Schutzzonen, Präventive Stationierung, Staaten- und Nationenbildung).

  • Diplomatische Verhandlungen: die zu Vertragsabschlüssen zwischen Staaten, so genannten völkerrechtlichen Verträgen führen, mit dem Ziel in erster Linie ein Interessensausgleich zwischen Staaten erreichen.

  • Konfliktbeilegung/Mediation: In einem freiwilligen Verfahren unterstützt ein neutraler (Sonder-) Vermittler oder (Sonder-) Gesandter, der Mediator (Agent), die Konfliktparteien bei der Lösungsfindung. Der Agent ist dabei nicht entscheidungsbefugt und fällt somit auch kein Urteil oder gibt ein Ergebnis vor.

  • Kooperative Rüstungssteuerung: eine politisch-militärische Strategie, mit der zwei "Partner" (Staaten oder Bündnisse) trotz aller bestehenden Interessenkonflikte und Antagonismen ihre Militärpotentiale, deren Strategien, Umfang, Strukturen, Dislozierung und sogar taktischen Einsatz im Interesse ihrer beiderseitigen Sicherheit aufeinander abstimmen (gemeinsamen Überwindung des qualitativen und quantitativen Wettrüstens). Während die allgemeine, vollständige Abrüstung (general and complete disarmament) in der gegenwärtigen weltpolitischen Situation Utopie bleiben muß, stellt die KRS (arms control) eine pragmatische und politisch operationable Strategie dar.

  • Rüstungswettbewerb: die etappenweise erfolgende militärische Aufrüstung sich antagonistisch gegenüberstehender Staaten oder Bündnisse (Teilprozess der Rüstungsdynamik). Bekannte Rüstungswettläufe fanden zwischen dem Deutschen Reich und der Triple Entente und im Kalten Krieg statt. Die Internationalen Beziehungen begreifen ein Wettrüsten als Variante des Sicherheitsdilemmas und bedienen sich bei dessen Erforschung spieltheoretischer Erkenntnisse. Ein Wettrüsten ähnelt dem Gefangenendilemma.

  • Krieg: ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Kollektive ist es, ihre Interessen durchzusetzen. Der Konflikt soll durch Kampf und Erreichen einer Überlegenheit gelöst werden.


Opfer zu Gunsten des Gesamtziels billigen auch das Ideal einer totalen staatlichen Souveränität Russlands, die sich von der gesamten Welt unabhängig machen will und ein autoritärer islamischer Konservatismus der Türkei, die Allah, den Herrn des Muslims, als einzigen Inhaber der absoluten Souveränität sieht:


"Man kann nicht muslimisch und laizistisch zugleich sein".

Der Iran ist hier ebenso radikal und autoritär in seiner Politik und Chinas „Drachentanz“ ist nicht so friedvoll wie man annehmen könnte. Dieser Gefahr der aufstrebenden asiatischen Weltmacht sind sich global die meisten Länder bewusst und durchaus die um die Weltordnung konkurierenden Großmächte. Vieles von dem, was China tut, wirkt kriegerisch und besorgniserregend, stellt allerdings eine Wiederbelebung seiner traditionellen Interessen dar. China war über Jahrtausende eine vorherrschende Macht, zu ihrem Niedergang trugen die imperialistischen europäischen Mächte bei.


Die Grenzen universaler Moral


Grundsätzlich sollten die Grenzen universaler Moral und das Problem der Anwendbarkeit eines universalen Moralbegriffs in der komplexen Welt der Internationalen Politik berücksichtigt werden.


Staaten können nicht nach einer individuellen Moral handeln. Staatsmänner können sich nicht auf moralische Tugenden wie Vertrauen, Treue und Ehrlichkeit verlassen. Der Einigung bei Interessenkonflikten stehen ethische Grundsätze im Weg, die moralisch entsprechend gedehnt, neu definiert oder verraten werden. Eine Doppelmoral hinsichtlich europäischer Interessen hat Tradition, noch vor und während des Römischen Reichs, die sich bis in die heutige Zeit in der Europäischen Union gehalten hat. Ob im Taktieren beim Assoziierungsabkommen und während der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei (EU) oder zuletzt mit der Ukraine, die ohne die Brüsseler Bedingung erfüllen zu müssen, an den restlichen West-Balkan-Staaten vorbeiziehen sollte. Auch der NATO sollte die Ukraine schnell beitreten.


EU Parlament Bruessel Belgien
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Das Verhalten der Europäischen Union im Rahmen des Assoziierungs-abkommens zwischen der EU und der Ukraine wurde international von Politikern kritisiert. Das Freihandelsabkommen der EU (DCFTA) schließe intensive wirtschaftliche Beziehungen der Ukraine zu ihren bedeutendsten Wirtschaftspartnern in der von Russland geführten Zollunion weitgehend aus. Damit habe man der Ukraine nur ein „Entweder-oder“ angeboten, also die Ukraine nicht als Brücke zwischen der EU und Russland verstanden. Auf diese Weise habe man die derzeitige politische Krise in der Ukraine mitverursacht.


Die Frustration Russlands resultiert im fehlerhaften Vorgehen des Westens in den Jelzin-Jahren, u.a. bei der Osterweiterung der NATO und EU, beim Kosovo-Konflikt und bei den Raketenabwehrplänen. „Dem Westen wird seitdem vorgehalten, Russlands Schwäche ausgenutzt zu haben.“

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Kritische Stimmen zur EU- und NATO-Osterweiterung (Ukraine)


Solche Ambiguitäten kann sich Europa nicht mehr leisten, wenn ihre größten „Verbündeten“ und „Feinde“ ihre eigenen Werteprinzipien aufgeben. Europa liegt zwischen zwei, drei imperialistischen Staaten und steht vor einer Zerreißprobe. Jedoch gibt es auch eine moralische Bedeutung im politischen Handeln. Diese Verfolgung von moralischen Zielen birgt oft die Gefahr, dass das Gegenteil dessen, was erreicht werden sollte, erreicht wird. Moralische Ziele müssen in der Politik in realistischer Weise verfolgt werden.


Buero der NATO
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Die Differenz zwischen nationaler und der universalen Moral wird am Beispiel der NATO-Intervention in Rest-Jugoslawien deutlich. Am 24. März 1999 begann die NATO ohne Mandat, Ziele im damals noch aus Serbien und Montenegro bestehenden Jugoslawien anzugreifen. Die Luftangriffe dauerten insgesamt 78 Tage und endeten mit dem Rückzug der jugoslawischen Truppen aus der damaligen serbischen Provinz Kosovo. Ein Rechtsbruch der bis heute nachhallt.


Größtes politisches Unrecht ist, wenn sich Nationen anmaßen, ihren Moralbegriff für universell zu erklären. Moralische Ambitionen der Nationen sind oft vorgeschoben, deshalb müssen die dahinterstehenden Interessen analysiert werden, erst dann kann die Wertung über positive oder negative Folgen dieser Politik gefällt werden.


Um beim Beispiel der Ukraine und Serbien zu bleiben. Die Quittung für den Kosovo-Einsatz der NATO will der amtierende US-Präsident Trump nicht bezahlen. Die NATO-Bündnispartner werden mit denselben Argumenten von Putin konfrontiert, die sie damals vorgebracht haben um ihren Einsatz in Serbien ohne Mandat zu legitimieren. Es sollte eine humanitäre Katastrophe verhindert werden. Belege für eine ethnische Säuberung der Serben gibt es bis heute nicht, auch trotz ultranationaler politischer Bewegungen der albanischen Kosovaren (UÇK), so wie heute in der Ukraine es keine belegbaren Vertreibungen von russischer Seite gibt trotz der ukrainischen Ultranationalisten (OUN). Beide nationalistische und teilweise international als faschistisch oder terroristisch eingestuften Organisationen sind von den jeweiligen Regierungen als Unabhängigkeitskämpfer erklärt worden.


Was national moralisch als geboten scheint, ist nicht zwangsläufig vom internationalen Recht gedeckt. Das Eingreifen der NATO im Kosovo-Krieg war ein völkerrechtswidriger Verstoß. Dieser Präzedenzfall bietet Putin jede Rechtfertigung und Legitimation für seine Operation in der Ukraine oder womöglich erneut in Georgien. Die weitere "Balkanisierung" (Balkanization) der Schwarzmeer-Region und die des Asowschen Meeres sowie des Kaukasus wird Putin nicht hinnehmen, und er wird sich nehmen was er für Russland als notwendig hält.


Strategie in der Ukraine, Europa und Kaukasus (Balkanisierungs-Politik)


Es wird kein Russland ohne einen Zugang zum Schwarzmeer geben, es wird kein Russland ohne die Ukraine geben. Trump weiß um die geostrategischen Ziele seines Gegenspielers Wladimir Putins und akzeptiert diese, für ihn heiligt der Zweck die Mittel, wenn er für die USA eigene geopolitische Ziele erreichen kann. Wenn die Ukraine für einen Rohstoff-Deal und die eigene Weltmachtstellung geteilt werden soll, soll sie geteilt werden.

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Das Ukraine-Abkommen (Szenario)


Weitere Militärausgaben kann und will sich Amerika in Europa nicht mehr leisten. Damit sie ihre militärische Präsenz an den für sie wichtigeren Gebieten verlagern kann, muss Europa aufrüsten, deshalb erhöht Trump den Druck. Die USA fällt zukünftig als Schutzmacht Europas aus und wird ihre Truppen abziehen bzw. deutlich reduzieren.


Auch das hat einen wirtschaftlichen Grund. Dieser heißt PESCO (Permanent Structured Cooperation) und bedeutet die ständige Strukturierte Zusammenarbeit (SSZ) von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), die sich in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) besonders engagieren wollen. Die GSVP bildet einen Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU und umfasst zivil-militärische, militärische und polizeiliche Maßnahmen (Art. 42-46 EUV).


PESCO soll die Interoperabilität zwischen EU-Mitgliedstaaten im Wehrbereich z. B. eine Synchronisierung der nationalen Streitkräftestrukturen oder die Durchführung gemeinsamer Rüstungsprojekte ermöglichen. Durch den Abbau von bürokratischen Barrieren soll eine Art „militärischem Schengen“ entstehen und langfristig die Gründung einer Europäischen Armee vorbereiten.


Die Außen- und Verteidigungsminister von zunächst 25 EU-Mitgliedstaaten teilten im November und Dezember 2017 dem Europäischen Rat mit, in der Verteidigung künftig gemeinsame Wege zu gehen. An diesem Fernziel einer „Europäische Verteidigungsunion“ nimmt derzeit (2024) Malta als einziges EU-Land nicht teil.


Als Drittstaaten sind die Kanada, Großbritannien, Norwegen und auch die USA beteiligt, obwohl die Vereinigten Staaten mehrfach Kritik und „Warnungen“ über PESCO veröffentlicht haben. Viele Beobachter werten dies als Zeichen dafür, dass die USA einen Verlust an ihrem Einfluss in Europa befürchten, da eine militärisch autarke EU die NATO zunehmend an Bedeutung verlieren ließe. Denn neben einer verstärkten militärischen Zusammenarbeit innerhalb der EU zielt PESCO auch darauf ab, die eigene Verteidigungsindustrie ihrer Mitgliedstaaten zu fördern und dadurch neue Arbeitsplätze in der Europäischen Union zu schaffen.




Das erklärt den Druck den Trump auf die europäischen NATO-Mitglieder ausübt, ihre Verteidigungsausgaben auf bis zu 5 % des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, wenn sie als Bündnispartner weiterhin unter dem Schutz der USA stehen wollen. Trumps Berater und mehrere US-Politiker kritisieren das europäische Vorhaben, da sie durch PESCO den Verlust von Einnahmen durch Waffenverkäufe an die EU-Staaten befürchten. Der Export von Waffen und militärischen Gütern der USA an die EU-Mitgliedstaaten beläuft sich im jährlichen Durchschnitt im Wert von über 1 Mrd. Euro.


Nach Prüfung, können sich seit dem 5. November 2020 auch Drittstaaten an den einzelnen Projekten der PESCO beteiligten. Russland hat bereits seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der EU signalisiert, z. B. in den Bereichen Cyberabwehr und Logistik. Die Türkei hat 2021 eine Beteiligung an einem Pesco-Projekt beantragt. Auch die neutrale Schweiz hat im August 2024 die Teilnahme an zwei Projekten beschlossen.

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Europäisches Verteidigungsbündnis PESCO als Antwort auf Trumps Agenda


Deutschland ist neben Belgien, der Niederlande, Italien und der Türkei Teil der sogenannten nuklearen Teilhabe. Das heißt, dass NATO-Länder, die keine eigenen Atomwaffen besitzen, trotzdem in die nukleare Abschreckung des transatlantischen Bündnisses eingebunden sind. Abschreckung bedeutet, dass Atommächten wie Russland signalisiert wird, dass sie bei einem nuklearen Angriff umgehend ein nuklearer Gegenangriff erwarten würde.


Würde Deutschland aufgrund der veralteten Tornado-Jets die nukleare Teilhabe beenden müssen, würde eine Verlagerung westlicher Atomwaffen in Gebiete östlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs, beispielsweise nach Polen, eine Verletzung der 1997 abgeschlossenen NATO-Russland-Grundakte darstellen. Unter noch Bundeskanzler Olaf Scholz beschloss Deutschland 2022 Lockheed Martin F-35 Lightning II, Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug der fünften Generation, aus dem Joint Strike Fighter-Programm (JSF) des US-Verteidigungsministeriums als Ersatz zu beschaffen bis der Eurofighter für die Ausstattung mit den US-Atomwaffen weiterentwickelt wird. Die Beschaffung von amerikanischen Flugzeugen geschieht unter Druck.


Es gibt zur nuklearen Teilhabe (NT) neben politischen auch völkerrechtliche Bedenken. Kritiker der NT sind trotz der Code- und Hoheitsregelung der Meinung, dass die Weitergabe und Stationierung von US-amerikanischen Atomwaffen in anderen NATO-Staaten im Rahmen der NT den Atomwaffensperrvertrag verletzt. Abgesehen davon bezieht sich das Konzept der NT nur auf taktische Atomwaffen. Die bodengestützten Nuklearwaffen in Europa haben spätestens seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr „die geringste strategische Bedeutung“. Weiterhin hat Deutschland im Zwei-plus-Vier-Vertrag den Verzicht auf „Verfügungsgewalt“ über atomare Waffen zugesichert.


Bereits 1998 wurde die Bedeutung US-amerikanischer Atomwaffen für die Sicherheit des europäischen Teils der NATO in Frage gestellt: „Durch den Rückzug der meisten amerikanischen Atomwaffen hat die erweiterte nukleare Abschreckung der USA in Europa fast virtuellen Charakter bekommen. Wahrscheinlich übertreffen heute das britische und das französische Arsenal im Umfang zum ersten Mal die Zahl der substrategischen Kernwaffen, die Washington der NATO assigniert hat. Die amerikanische Nukleargarantie beschränkt sich weitgehend aufs Deklaratorische.“


Tatsächlich sind in Deutschland US-Atomwaffen nur in geringer Zahl stationiert. Entscheidend war und ist dabei seit den 1950er Jahren die Rolle der USA mit ihrer Außenpolitik gegenüber Russland während des Kalten Krieges. Deren Nuklearwaffen gelten zwar als Abschreckungsschild für europäische Nato-Mitgliedsstaaten, die strategische Planung dieser Abschreckung dahinter gilt als komplex und geheim.


Atomarer Schutzschirm Europas


In Europa verfügen nur Frankreich und Großbritannien selbst über Nuklearwaffen. Frankreich über etwa 300 Atomsprengköpfe, im Vergleich zu den USA, die Schätzungen zufolge über ca. 5.000 verfügen. Wie die USA und Russland gibt auch Großbritannien nicht mehr bekannt, über wie viele Atomsprengköpfe es verfügt.


Seit der russischen Intervention in die Ukraine hat Frankreich seine Abrüstungsvorhaben eingestellt und begonnen, das Nukleararsenal zu modernisieren. 2024 testete das französische Militär atomwaffenfähige Langstreckenraketen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron regte im Februar 2025 erneut eine europäische Abschreckungsstrategie unter französischer Führung an. Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist darauf 2024 nicht eingegangen und bleibt weiterhin diesem Vorhaben skeptisch. Denn Macron hat ein innenpolitisches Problem mit seiner rechtsextremen Widersacherin Marine Le Pen. Sie bezeichnet ein Beistandsversprechen, auch wenn die mit Blick auf Atomwaffen gar nicht abgegeben wurden, öffentlich als Verrat an Frankreich.


Le Pen will Macron 2027 als Staatspräsident ablösen. Sollte also doch eine nukleare Vereinbarung getroffen werden, wäre sie mit Le Pens Wahl wohl hinfällig. Das erklärt warum Trump libertäre und rechte Parteien in Europa unterstützt. Mit europafeindlichen Regierungen wird sehr wahrscheinlich keine europäisches Verteidigungsbündnis entstehen und jedes einzelne Land würde nach ihren eigenen Möglichkeiten ihre Verteidigungsfähigkeit aufbauen.


Atomarer Sprengkoerper in der Raketen Abschussrampe
Image by Stephen Cobb | Unsplash

Im Rahmen der Nuklearen Teilhabe, wurden Britische und französische Nuklearwaffen nicht als Instrumente zum Schutz europäischer NATO-Partner konzipiert. Allerdings bezeichnete Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron im November 2019 die NATO als „hirntot“. Im Bürgerkrieg in Syrien hätten zwei NATO-Mitglieder, die USA und die Türkei, zuletzt ohne jede Absprache mit ihren Partnern gehandelt. Macron kritisierte, dass die NATO das erste Mal mit einem amerikanischen Präsidenten zurechtkommen müsse (Donald Trump),


„der unsere Idee des europäischen Projekts nicht teilt“.

Vor diesem Hintergrund regte Macron in seiner Rede vor der École de guerre am 7. Februar 2020 an, den Zugriff auf französische Nuklearwaffen auch auf andere EU-Länder auszuweiten. Er stellte jedoch klar, dass Frankreich nicht die Absicht habe, Staaten ohne Atomwaffen in Europa zur nuklearen Teilhabe einzuladen.


Europas nukleare Abschreckung


Bereits in den frühen 1960er Jahren gab es innerhalb der deutschen Politik Bestrebungen zu einer engeren Anlehnung an die französische Nuklearmacht. Im Jahr 1963 gab es einen Vorstoß des außenpolitischen Arbeitskreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um Heinrich von Brentano, Karl Theodor zu Guttenberg und Franz Josef Strauß hin zu einer stärkeren Integration Deutschlands in die französische nukleare Abschreckung. Hintergrund war ein Wechsel in der US-amerikanischen Außenpolitik sowie Pläne für eine amerikanische Truppenverringerung in Europa unter John F. Kennedy, der 1961 die Präsidentschaft von Dwight D. Eisenhower übernommen hatte.


Die Debatte um eine deutsche Teilhabe scheiterte am Gedanken, dass die Bundesrepublik lediglich von atomarer US-Vormundschaft zu französischer Vormundschaft überwechselt.


„in jedem Falle bleibe es bei atomarer Zweitrangigkeit Deutschlands“ - Gerhard Schröder

Hinzu kam, neben einem Zweifel am Grad der durch Frankreich gewährten Mitsprache, die erwartet höheren Kosten für Deutschland, da Frankreich eine erheblich größere deutsche Finanzbeteiligung verlangen würde. Für den Vorschlag ließen sich – wie auch zu späteren Zeitpunkten – im Parlament keine Mehrheiten finden. Laut Informationen des Spiegel, bot der französische Präsident Nicolas Sarkozy der deutschen Bundesregierung unter dem Kabinett Merkel I 2007, die Teilhabe an der Entscheidungsgewalt über die französischen Atomwaffen an. Diese sollen Kanzlerin Angela Merkel und ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier einhellig abgelehnt haben.


2017 befürwortete der Beiratsvorsitzende des Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS), François Heisbourg, eine deutsche Mitfinanzierung der geplanten Modernisierung der Force de frappe.


Trumps Hebel in der nuklearen Abschreckung


Doch so einfach wird ein europäischer atomarer Schutzschild nicht entstehen.

Eigene Atomwaffen für Brüssel wären politisch kaum umsetzbar, sagen Beobachter wie Liviu Horovitz, Experte für nukleare Abschreckung der Stiftung Wissenschaft und Politik, da es bisher ja auch keine europäische Armee gibt.


Vor allem sind es Fragen über die Entscheidungsmacht. Wo soll diese über den Einsatz von nuklearen Raketen liegen und wer drückt im Ernstfall auf den roten Knopf? Nuklearexperte Horovitz sagt:


"Sich vorzustellen, dass man über Nacht eine europäische Nuklearoption auf die Beine stellen kann, das ist illusorisch."

Dazu dürfte auch die hochkomplexe Strategie zählen, die erst entwickelt werden müsste, über die die Vereinigten Staaten von Amerika seit über 75 Jahren verfügen. Diesen Vorteil macht sich Trump als Hebel zu nutze. Eine europäische Lösung wäre mit enormen Kosten verbunden und ein ausgefeiltes System, welches ganz Europa schützt würde sehr viel länger dauern als viele glauben. Da nukleare Schutzschirme sehr teuer sind, zwingt Trump die Europäer in konventionelle Streitkräfte zu investieren und die Ostflanke zu schützen.


Durch die European Sky Shield Initiative (ESSI), dem europäischen Luftverteidigungsprojekt würden vor allem Deutschland, Israel und die USA wirtschaftlich profitieren, da die Systeme aus der Entwicklung und Produktion dieser Länder stammen. Die im Oktober 2020 von Deutschland ins Leben gerufene Verteidigungsinitiative soll helfen, Lücken im NATO-Schutzschirm für Europa zu schließen. Die Türkei ist dem Projekt 2024 beigetreten. Nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius ist die Initiative damit auf 21 Teilnehmer angestiegen.


Trumps Pläne zur Verteidigungsfähigkeit Europas


Deshalb bringt Trump Amerikas größten europäischen Verbündeten zurück ins Spiel um die europäische Sicherheitspolitik und baut weiter Druck auf die europäischen NATO-Länder auf, schneller aufzurüsten. Großbritannien soll mit Frankreich zukünftig selbst für die Sicherheit Europas sorgen. Am besten so, dass auch die Zukunft Israels gesichert ist, beziehungsweise das ganze Mittelmeer unter Kontrolle Europas steht. Deutschland als stärkste regionale Wirtschaftsmacht muss nun ihren Platz finden. Wenn die Strategie der Trumponomics wirken, sollen für die europäische Aufrüstung zum erheblichen Teil Rüstungsgüter in den USA produziert werden.


Egal wie es mit der Sicherheitspolitik Europas weitergeht, ob über einen europäischen Atomschutzschirm und Verteidigungsbündnis oder über die bestehende NATO, Amerika soll von der Aufrüstung profitieren. Es ist ein mit Druck und Angst erzeugter neuer Kalter Krieg den die USA für ihren Wirtschaftsaufschwung braucht.


Welche Rolle die Türkei bei der Verteidigungsfähigkeit Europas spielen wird, verrät uns die militärische Stärke des Landes. Sie stellen die zweitgrößte Armee des NATO-Bündnisses und sind kampferprobt. Unter Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich die Türkei vor allem in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten globalen Player der Rüstungsindustrie entwickelt, die schon in den USA produziert. Es gibt durch eigene Forschung und Entwicklungen kein Kriegsmaterial welches nicht heimisch hergestellt werden kann. Der türkische Außenminister Hakan Fidan warnte zuletzt, dass die europäische Sicherheitsstruktur eine neue Form annehmen werde. Ihren eigenen Präzedenzfall haben die Türkei mit der Besetzung Nordsyriens und mit ihren militärischen Operationen gegen Jesiden und Kurden an der Ostgrenze geschaffen.


Erdogan hat sich bereits während der ersten Amtszeit Trumps strategisch geschickt positioniert und pflegt sowohl mit Putin als auch Selenskyj ein gutes Verhältnis. Die Türkei ist bereit Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden, obwohl sie zu Beginn des Krieges noch direkt Drohnen an die ukrainischen Streitkräfte lieferte und heute in Texas auf drei Produktionslinien Artilleriemunition produziert die über die USA an die Ukraine geliefert wird. Das türkische Rüstungsunternehmens Repkon, produziert u.a. 155-Millimeter Artilleriemunition auch für die USA und ihr Militär-Portfolio. Der Lieferumfang deckt bereits einen Drittel des Bedarfs des US-Militärs an diesem Material ab.


Die EU-Beitrittseuphorie der türkischen Regierung unter Erdogan ist bereits 2004 verflogen. Erdoğan wich während seiner Regierungszeit von der traditionell proeuropäischen und prowestlichen Politik früherer türkischer Regierungen ab. Seit 2001 hat dieser als Ministerpräsident mit einer immer autokratischen Führung den türkischen Staat umfassend umgebaut und verfolgt seit 2018 als Präsident nur noch eigenen Interessen über starke Partnerschaften mit den USA und Russland.


Dem Journalisten Maximilian Popp zufolge hat sich Erdoğan zu Anfang seiner Regierungszeit den Europäern nur angenähert, um das Militär und die Justiz zurückzudrängen und religiöse Freiheiten zu etablieren. In seiner Außenpolitik tendiert er nach starken Wahlsiegen zu Alleingängen und stimmt sich weniger mit seinen europäischen Partnern ab. Ende November 2016 drohte Erdoğan damit, Flüchtlinge wieder nach Europa reisen zu lassen („Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet, merken Sie sich das“).


Mit der Türkei einen gemeinsamen europäischen Schutzschirm unter der Führung Frankreichs zu bilden wird nicht nur moralisch eine Herausforderung werden. Ein hochrangiger EU-Beamter sagte gegenüber der Financial Times:


„Umstände ändern sich. Irgendwann muss man sich entscheiden, wen man im Team haben will – ungeachtet der Probleme, die man haben könnte.“

Allerdings unterstrich er auch, dass die Türkei ihre „Ambiguität“ bezüglich Russland „in Ordnung bringen“ müsse. Hier wird erneut eine Doppelmoral deutlich. Die Genozide an den Armeniern aus der Vergangenheit, das Vorgehen gegen die kurdische Bevölkerung und anderen Minderheiten die ermordet und verfolgt werden, wird bei dieser Frage ausgeblendet. Die europäische Moral endet an der Grenze zu Russland. Die Zypernfrage und Israel werden jedoch weiterhin europäische Herausforderungen bleiben, die bewältigt werden müssen, und hier wird es Brüssel mit Trump und Erdogan nicht einfach haben einen Deal zu machen.


Trumps Nahost-Politik


Die Präsenz im Nahen Osten ist für die USA derzeit strategisch wichtiger, als die in Europa. Trump hatte im Februar diesen Jahres erklärt, an die während seiner ersten Amtszeit verfolgte Politik des "Drucks" anknüpfen zu wollen, nicht nur gegen den Iran. Auch Amerikas engste Verbündete sollen durch Druck auf dem geopolitischen Schachbrett bewegt werden.


In seinem Memorandum forderte Trump "maximalen Druck" (maximum pressure) auf den Iran auszuüben und die Öl-Exporte als wichtigste Einnahmequelle "auf Null zu bringen". Parallel strebt er einen neuen Deal beziehungsweise ein neues Atom-Friedensabkommen mit Teheran an, nachdem er während seiner ersten Amtszeit 2018 einseitig aus dem Iran-Abkommen ausgetreten war.


Schon die bestehenden Sanktionen lähmen die Wirtschaft des islam-erzkonservativ regierten Landes, das seit dem Krieg Israels gegen die Hisbollah und die Hamas sowie dem Sturz Assads in Syrien außenpolitisch zunehmend geschwächt und isoliert ist. Nach Trumps jüngsten Sanktionsandrohung stürzte Irans Währung auf ein Rekordtief ab und die "Achse des Widerstands" wird kleiner. Dabei handelt es sich um Verbündete des Irans, die allesamt eine antiwestliche und antiisraelische Ideologie eint.


Die Mitglieder dieser "Achse des Widerstands" werden von Iran finanziell unterstützt und mit Waffen ausgerüstet. Dazu zählen etwa die libanesische Hisbollah, schiitische Milizen im Irak und jemenitischen Huthi-Rebellen. Gemeinsam mit ihnen versucht Massud Peseschkian, Irans Präsident in Teheran, seine regionalen Ziele durchzusetzen, ohne eine direkte Konfrontation mit konventionell überlegenen Gegnern wie den USA und Israel heraufzubeschwören. Auch Irans politisches und geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei lehnte vorerst Gespräche mit den USA ab, schließt aber zukünftige Dialoge mit Trump und seiner Administration nicht aus.


Wahrscheinlicher sind jedoch Gespräche über einen Vermittler, wie Oman oder Katar, da beide Länder keine diplomatischen Beziehungen unterhalten. Zu bevorstehenden Gesprächen meinte Trump:


„Wir werden sehen, ob wir einen Deal mit dem Iran vereinbaren oder ausarbeiten können oder nicht"

Trump betonte, es gehe ihm vor allem darum zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen komme.


Weitere Deals unter „maximalen Druck“ Trumps, werden auch für Dänemark um Grönland folgen und mit Panama um die Wasserstraße, dem Panamakanal, aufgrund des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika von 2010.


Trumps Zentralamerika-Politik (Panama)


Nach den damaligen langwierigen und eher erfolglosen Verhandlungen mit dem MERCOSUR und der Andengemeinschaft war es für die Europäische Union wichtig zum ersten Mal einen Verhandlungserfolg von Region zu Region vorweisen zu können. Mit dem Abkommen und den daran geknüpften Bedingungen, wie beispielsweise der Einrichtung einer Zollunion zwischen den Staaten Zentralamerikas, kann seit Mai 2024 vollständig umgesetzt werden. Die EU (als einzig wirkliche Zollunion der Welt) kann nun beweisen, dass eine solche auch außerhalb der Grenzen Europas funktionieren kann.


Skyline Panama City Panama
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Das Assoziierungsabkommen gilt zwischen der Europäischen Union und den sechs Ländern Zentralamerikas - Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama. Der Weg war lang – unterzeichnet wurde das Abkommen bereits im Jahr 2012; die Ratifizierung aller EU-Mitgliedsstaaten zog sich allerdings bis 2024. Aber nun ist es da – das Abkommen, das den politischen Dialog, die Zusammenarbeit und den Handel zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika stärken und festigen soll. Panama als Besitzer des Kanals, welches erst als Beobachter teilnahm, hat sich letztendlich dann doch dem Abkommen angeschlossen und wird als Finanz- und Versicherungs-dienstleistungszentrum ebenfalls von der Handelskomponente profitieren. Hier wird Trump einen neuen Deal vorgeschlagen wollen. Denn seit der Anwendung des Abkommens ist der Gesamthandel zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika von 8,7 Milliarden auf 22 Milliarden Euro (2023) gestiegen. Laut den Berechnungen des Nachrichtenportals European Interest, sind die Ausfuhren der EU nach Zentralamerika damit um 139 Prozent gestiegen, während die zentralamerikanischen Ausfuhren in die Europäischen Union ein Wachstum von 165 Prozent verzeichneten.


Trumps Nordatlantik-Politik (Grönland)


Insbesondere die amerikanischen Annexionspläne über die größte Insel der Erde im Nordatlantik ist ernst zu nehmen, da sich die Geopolitik am Arktischen Ozean entscheiden wird, auch wenn Iran in der amerikanischen Außenpolitik in der Priorität ganz vorne steht.


Donald Trump hatte schon im US-Wahlkampf damit gedroht, Grönland notfalls mit Gewalt zu annektieren. Die Nordatlantik-Insel gehöre geographisch ohnehin zu Nordamerika und da die Vereinigten Staaten seit 1951 Grönland militärisch unterstützt, legitimiert es für Trump sich das Gebiet aufgrund amerikanischer Sicherheitsinteressen einzuverleiben. In der vergangenen Woche wiederholte er in einer Rede vor dem US-Kongress seine Übernahmepläne für die rohstoffreiche Insel. Zwar unterstützten die USA das Recht der dortigen Bevölkerung, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden, sagte der Republikaner. Er sei aber sicher, dass die USA Grönland "auf die eine oder andere Weise" bekommen würden. Im Weißen Haus meinte Trump gegenüber Mark Rutte „es wird wohl passieren“, dass sich die USA Grönland einverleiben.

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Hintergrund zu den Beziehungen zwischen USA und Grönland


Auf Grönland leben 57.000 Menschen, davon sind bis auf rund 5.000 dänischen Staatsbürgern und nichtgrönländischer Identität und Ausländern, alles arktische Inuits, sogenannte ethnische Kalaallit. Seit 1979 ist Grönland in vielen Bereichen autonom, doch über Außen- und Verteidigungspolitik entscheidet etwa immer noch die ehemalige Kolonialmacht Dänemark und bleibt als Teil des dänischen Staates damit auch Mitglied des Europarats sowie der NATO.


Die mögliche komplette Unabhängigkeit Grönlands von Dänemark war ein zentrales Thema im dänischen Wahlkampf und ist in einem möglichen Referendum Mitte des Jahres (Juni/Juli 2025) sehr wahrscheinlich. Dann kann ein Assoziierungsabkommen mit den USA folgen, wie mit den Pazifikinseln, mit denen Amerika bereits ein Assoziierungsabkommen hat, sagt John Hennessey-Niland, ehemaliger US-Diplomat. Drei kleine Länder im Pazifik sind eng an die USA angebunden. Diese Verträge könnten ein Vorbild für eine enge Beziehung Washingtons mit Grönland sein. Anstelle einer Annexion könnte ein Compact of Free Association ein mögliches Modell für eine engere Beziehung zwischen Washington und Nuuk sein.



Skyline Nuuk Groenland
Image by Visit Greenland | Unsplash

Donald Trump sieht Grönland als Schlüssel zur Arktis-Kontrolle und die USA „brauchen das für die internationale Sicherheit.“ Däne­mark und die USA entschieden sich dafür, in Grönland "strategisch zu investieren", nachdem chinesische Investoren geplant hatten, auf der Insel – ähnlich wie im Indopazifik – Flughäfen auszubauen und Häfen zu errichten. Der US-Präsident bezog sich offenbar auch auf eine zunehmende Präsenz russischer und chinesischer Schiffe nahe der Küste der arktischen Insel.


Selten in der Geschichte gestalteten sich die Beziehungen zwischen Moskau und Beijing so harmonisch wie heute. Viele Politikwissenschaftler, die lange Zeit über Putins "Wende nach Asien" gespottet haben, sprechen inzwischen von einer dauerhaften Kooperation, gar von einer möglichen Allianz. Schon vor dem Ukrainekrieg hatte China Deutschland als wichtigsten Handelspartner Russlands abgelöst. Das sino-russische Handelsvolumen ist seit 2014 um über 50 Prozent von 95 auf 147 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 gewachsen.


Trump und die neue Seidenstraße (Polarstraße)


Im 21. Jahrhundert ist die Nordostpassage durchs Polarmeer Wirklichkeit geworden und in ihrem Hauptabschnitt von Russland verwaltete Schifffahrtsstraße. Sie ist zugleich Teil der "neuen Seidenstraße" Chinas. Im Juli 2019 gab Chinas Verteidigungsminister Wei Fenghe bekannt, dass die „One Belt, One Road“-Initiative um Militärkooperationen ergänzt werden soll.


Im Gespräch mit Trump und Mark Rutten besteht Konsens um die russisch-chinesische Gefahr. „Die Chinesen nutzen jetzt diese Routen. Wir wissen, dass die Russen aufrüsten. Wir wissen, dass wir einen Mangel an Eisbrechern haben“, sagte der Nato-Generalsekretär. Es sei daher wichtig, dass alle Anrainerstaaten der Arktis mit Ausnahme Russlands unter der Führung der USA zusammenarbeiteten,


„um sicherzustellen, dass diese Region, dieser Teil der Welt sicher bleibt“.

Russland versteht sich als "Nordische Macht" und sitzt im Gegensatz zu China im Arktischen Rat. Präsident Wladimir Putin betont dabei immer wieder, dass Russland nicht nur der größte Arktisstaat sei, sondern auch fast ein Drittel seines Territoriums im Polar­gebiet liege.


Gebirge im Polarmeer arktischer Ozean Arktis
Image by Yuriy Rzhemovskiy | Unsplash

Als wichtigster Akteur in der Region betrachtet die russische Regierung die Aus­weitung ihrer militärischen Aktivitäten in der Arktisregion als eine legitime Maßnahme, um natio­nale Interessen und kritische Infrastruktur zu schützen. Da die politische und wirt­schaftliche Bedeutung der russischen Arktis für den Moskauer Staatshaushalt wächst, sind Einrichtungen zur Förderung und zum Transport von Öl und Gas aus russischer Sicht per se potentielle Angriffsziele, die es zu verteidigen gilt. Zudem soll die Nörd­liche Seeroute als wichtige nationale Was­serstraße den Zugang der eigenen Flotte zu Atlantik und Pazifik gewährleisten.


Der Kreml verabschiedete 2008 ein erstes umfassendes Dokument zur russi­schen Arktispolitik, mit festgelegten Zielen und strategischen Prioritäten in der Region bis 2020. Dem Dokument nach ist Russland "eine führende arktische Macht". Als eines der grundlegenden politischen Ziele wurde genannt, militärische Formationen in der Region aufrechtzuerhalten. Der nachfolgende 15‑Jahres-Plan von Moskaus (März 2020), betitelt "Über die Grundlagen der Staatspolitik der Russischen Föderation in der Arktis für die Zeit bis 2035" und zielt auf die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes mittels arktischer Ressourcen ab.


China wiederum bezeichnet sich durch ihr Infrastrukturprojekt BRI, als "Fast-Arktisstaat" und beanspruchen bei der Zukunft der Arktis mitzubestimmen. Die Streit­kräfte der Volksrepublik sind integraler Bestand­teil der Ambitionen, die sie als "polare Großmacht" hegt, und ihrer global, auf Arktis wie Antarktis, ausgerichteten mari­timen Strategie. Schon im Jahr 2013, als China den Beob­achterstatus beim Arktischen Rat erhielt, hatte Washington die expansiven Bestrebungen Pekings im Südchinesischen Meer missbilligt.


"Die Zone des Friendens" (Murmansk-Initiative) ist ins Licht geopoltischer Interessen gerückt. Noch bis vor einigen Jahren prägte die Vorstellung vom "arktischen Exzeptionalismus" die Politik aller Anrainerstaaten. Zunehmend entwickeln sich auch hier Spannungen zwischen USA, Russland und China sowie ein wachsender strategischer Wettbewerb um Macht und Einfluss.


Steigende Temperaturen und schmelzendes Eis, verschaffen einen bessere Zugang zum hohen Norden und damit der Arktis sicherheitspolitisch eine größere Bedeutung. Das bedeut auch dass Russland gewissermaßen neue Außengrenzen durch das wegschmelzende Eis erhält , die es vor einem potentiellen Aggressor zu schützen gilt. Moskau plädiert zwar weiterhin für Koope­ration zwischen den Anreinerstaaten, hat in der russischen Arktis aber seine militärischen Präsenz erheblich ausgebaut.


China legt in seiner jüngsten Arktispolitik einen Schwerpunkt auf das Thema Sicherheit. Für die USA erwächst so ein Sicherheitsdilemma; sie stehen vor der Frage, ob sie ihr militärisches Engagement in der Arktis erhöhen oder den fragilen Status quo bewahren sollen.


In der jüngsten Arktisstrategie des Pentagon heißt es zwar, die unmittelbare Aussicht auf einen Konflikt in der Region sei gering. Zu­gleich aber wird davon ausgegangen, dass die Arktis nicht mehr unempfindlich gegenüber Konkurrenz und Spannungen zwi­schen Großmachtstaaten sei. Damit weicht die Strategie unter Trump eklatant vom kooperativen Ansatz früherer US-Regierungen ab. Die Arktis sei, wie in der Sprache des Kalten Krieges for­muliert wird,


"ein potentieller Vektor für Angriffe [...] auf das Heimatland".

Um die neue US-Arktis-Strategie zu implementieren, sollen um­fangreiche Maßnahmen zur Er­haltung und Erweiterung von US-Stütz­punkten in der Polarregion vor allem solcher der Luftwaffe, ergriffen werden. Aufgrund der Staatsverschuldung der USA und den Etatbeschränkungen sind notwendige Investitionen schwierig umzusetzen. Um die militärische Präsenz verlagern zu können, muss Trump vorher die Sicherheitspolitk Europas umgestalten.


Die jüngste offensiche Ausrichtung der amerikanischen Arktispolitik trägt dazu bei, das Sicherheitsdilemma zu vertiefen, das vor allem durch Russlands und Chinas wach­sendes Engagement im Nordpolargebiet ent­standen ist.



Trumps Geopolitik (Die Dynamik Euroasiens)


Der Geostratege Nicholas John Spykman ist bekannt als der geistige Urheber der Containment-Politik. Als Politikwissenschaftler war er einer der Begründer der realistischen Schule der internationalen Politik. Seine geopolitische Doktrin lautete in Abwandlung der Mackinder-Formel:


„Who controls the Rimland rules Eurasia, who rules Eurasia controls the destiny of the world.“

Diese Strategieempfehlung ist laut Nils Hoffmann bis in die heutige Zeit wirkungsmächtig.


Spykmans zentrale These ist, dass das Mächtegleichgewicht in Eurasien die Sicherheit der USA unmittelbar betrifft. Er hielt einen weltweiten Friedenszustand und eine stabile Weltfriedensordnung für unmöglich, gar für illusorisch, wegen der Vielzahl unterschiedlicher Wertvorstellungen zwischen den Ländern. Eine stabile Weltfriedensordnung, die auf gemeinsame Wertvorstellungen gegründet sei, kann es nicht geben, obwohl eine solche Ordnung die Sicherheitsprobleme einzelner Länder lösen könnte.


Da es eine Weltgemeinschaft auf der Basis dieser Werte gegründet nicht geben kann, betont er, dass der Frieden nur durch die ausreichend wirkungsvolle Außenpolitik eines Landes durchgesetzt werden könne, um das Risiko der Aggression anderer Länder zu minimieren. Die entsprechende Außenpolitik in internationalen Beziehungen, muss für das Mächtegleichgewicht sorgen. Er vertrat die These, dass der Isolationismus, der sich auf die Beherrschung der Meere zum Schutz der USA verlässt, zum Scheitern verurteilt sei. Sein Ziel war, einen Rückzug der USA wie nach dem Ersten Weltkrieg zu verhindern. Die Berücksichtigung der Weltperspektive zeigt, dass die Außenpolitik eines einzelnen Landes nicht nur seine unmittelbaren Nachbarn beeinflusst, sondern die Orientierung aller Länder in allen Regionen der Welt.


Auch für den seit den 1970er Jahren führenden amerikanischen Geostrategen Zbigniew Brzeziński hat die Weltinsel Eurasien wie schon für Mackinder und Spykman überragende Bedeutung:


„Zum Glück für Amerika ist Eurasien zu groß, um eine politische Einheit zu bilden. Eurasien ist mithin das Schachbrett, auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft auch in Zukunft ausgetragen wird.“

Auf diesem Schachbrett hätten die USA aktiv mitzuspielen und ihren Einfluss so einzusetzen,


„dass ein stabiles kontinentales Gleichgewicht mit den Vereinigten Staaten als Schiedsrichter entsteht.“

Brzeziński war von 1966 bis 1968 Wahlkampf-Berater Lyndon B. Johnsons und von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. Er wurde oft gegen seinen konservativen „Rivalen“ Henry Kissinger abgegrenzt, obwohl die Gemeinsamkeiten größer waren als die Unterschiede. Auch Brzeziński steht geopolitisch in der Tradition Halford Mackindersund Nicholas J. Spykmans und wird zur realistischen Schule der Internationalen Politik gerechnet.


Der 2017 verstorbene Politikwissenschaftler und Politikberater hat für die heutige US-Politik eine Reihe interessanter Arbeiten veröffentlicht. So sagte Brzeziński im Bereich der Kommunikationstechnik einen Wettlauf zwischen den Supermächten voraus. Das „technetronische System“, das in den USA zur Vollendung geführt werde, schätzte er als weltbeherrschend ein. Dabei sieht Brzeziński menschheitsgefährdende Entwicklungen und eine Bedrohung der Demokratie durch das Entstehen einer überwachten und von einer Elite gesteuerten Gesellschaft voraus. Die Menschenmassen würden organisiert und ihre Gedanken, Gefühle und Entscheidungen kommunikationstechnisch und medial manipuliert. Wichtig ist für Brzeziński auch die Verwandlung entpersönlichter ökonomischer in politische Macht und die damit verbundene Gefährdung des Individuums.


Einige Untersuchungen davon sind für die Politikwissenschaft noch heute relevant. Zum einen eine Untersuchung zur totalitären Diktatur und Autokratie im Jahre 1956. Zusammen mit Carl Joachim Friedrich entwickelte er ein Modell des Totalitarismus mit dem Titel „Totalitarian Dictatorship and Autocracy“ welches das totalitäre Regime als etwas grundsätzlich Neues und Gleichartiges beschreibt. Ziel sei die totale Kontrolle, die durch eine alle wichtigen Lebensbereiche umfassende Ideologie gekennzeichnet sei und eine neue Gesellschaft erschaffen wolle. Eine einzige hierarchisch organisierte Partei besitze die gesamte politische Macht und werde von einem Diktator angeführt. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sei politisch aktiv und hänge der Ideologie wirklich an. Ein Terrorsystem kontrolliere Bevölkerung und Partei. Eine Geheimpolizei bekämpfe tatsächliche und potentielle Feinde. Die Massenkommunikation sei monopolisiert. Die Wirtschaft werde bürokratisch kontrolliert und gelenkt.


In einem für die US-Politik bedeutenden Werk begründete Brzeziński die geopolitische Strategie, die die USA als – nach dem Zerfall der Sowjetunion – erste, einzige und letzte Weltmacht seiner Meinung nach einschlagen sollten. In seinem Buch Die einzige Weltmacht (1997) begründete Brzeziński warum die amerikanische Regierung den eurasischen Kontinent unter ihrer Kontrolle zu halten und rivalisierende Bestrebungen zu verhindern sollten, die die Machtstellung der USA gefährden könnten.


Brzeziński sah den Status der USA nicht als erstrebenswertes Ziel, sondern als Faktum. Die Militärpräsenz der USA in vielen Ländern, nannte er ihr wirtschaftliches Potential und ihren technologischen Vorsprung. Er sah die weltweite Affinität zur amerikanischen Kultur als Vorsprung, dies allerdings nicht als Selbstzweck zu wahren gilt, um die globale Stabilität zu erhalten. Das Ziel sollte sein, mögliche Konkurrenten so lange auf Distanz zu halten, bis ein weltweites Regelwerk etabliert und institutionalisiert sein werde und bevor die eigene Macht schwinden werde. Letztendlich würden die USA die


„letzte und einzige wirkliche Supermacht“

gewesen sein. Brzeziński prognostizierte, der Hauptschauplatz der Auseinandersetzungen werde Eurasien sein. Daraus entwickelte er verschiedene Handlungsempfehlungen für die USA.


In seinem Buch Second Chance: Three Presidents and the Crisis of American Superpower von 2007 analysierte Brzeziński die vorhergehenden 15 Jahre der US-amerikanischen Außenpolitik, in denen die USA nach dem Ende des Kalten Krieges die einzige Supermacht waren.

Er stellte dar, wie die letzten drei Präsidenten, George H. W. Bush, Bill Clintonund George W. Bush ihre Führungsrolle verwirklichten und ihre Macht als Führer einer unangreifbaren Weltmacht ausübten. Vom kommenden US-Präsident forderte Brzeziński, dieser müsse die Atlantische Allianz stärken, den Lobbyismus reformieren, Führungsstärke im Nahen Osten beweisen (in erster Linie gegenüber Israel), den Konsens in der Umweltpolitik stärken und eine Strategie für China als entstehende Weltmacht und Machtfaktor im Nahen Osten formulieren.


Er sprach die Warnung aus, dass die USA nach 2008 zwar eine zweite Chance bekommen würden und dass es danach wohl keine dritte Chance geben werde. So stellt Brzeziński 2012 in Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power seine geopolitische Vision für die USA vor, mit der sie die Herausforderungen der geänderten weltpolitischen Lage bewältigen kann, die durch Machtdiffusion gekennzeichnet ist.


Zbigniew Kazimierz Brzeziński entwarf so ein komplexe Strategie, die unter anderem die Fragen nach den Konsequenzen der Machtverlagerung vom Westen nach Osten beantwortet und wie dies von der neuen Tatsache einer politisch wachen Menschheit beeinflusst wird. Er ging auch der Frage nach, warum die Attraktivität der USA in der Welt gesunken ist bzw. sinkt und wie verhängnisvoll die Symptome des inneren und internationalen Niedergangs der USA sind.


Er sieht die einzigartigen Möglichkeiten der USA nach dem friedlichen Ende des Kalten Kriegs als vergeudet und analysierte welche Kraft zur Erneuerung die USA haben und welche Neuorientierung der Geopolitik notwendig ist, um Amerikas Rolle in der Welt wieder mit neuem Leben zu erfüllen.


In seiner strategischen Ausarbeitung ging er auch der Frage nach, was die wahrscheinlichen geopolitischen Folgen eines weiteren Niedergangs der USA bis 2025 wären und wer die beinahe unmittelbaren Opfer wären. Dabei beschreibt er die Auswirkungen auf die Probleme im Weltmaßstab des 21. Jahrhunderts und die Wahrscheinlichkeit Chinas bis 2025 die beherrschende Rolle der USA in der Weltpolitik übernehmen zu können.


Er untersucht Handlungsmöglichkeiten für die USA und formuliert daraus Handlungsempfehlungen und langfristige geopolitischen Ziele für eine wiedererstarkende USA für die Zeit nach 2025.


Um einen noch größeren und stärkeren Westen aufzubauen, empfiehlt er den zukünftigen US-Regierungen die Türkei und Russland mit den traditionellen europäischen Alliierten einzubeziehen um gleichzeitig im Osten ein Gleichgewicht zwischen dem Bedürfnis nach engerer Zusammenarbeit mit China zu erreichen. Er sieht die Tatsache, dass eine konstruktive Politik weder chinazentriert sein noch Verwicklungen in Konflikte Asiens nach sich ziehen sollte.


In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fand Mackinders Heartland-Konzept „gleichsam komplementär“ zu Spykmans Rimland-Theorie ihren geostrategischen Niederschlag in der Containment-Politik sowie in der geopolitischen Blockstruktur, namentlich der NATO. Die Carter-Doktrin des Jahres 1980, mit der die südliche Flanke Eurasiens und insbesondere der Persische Golf ausdrücklich zur Einflusssphäre der USA erklärt wird, wurde maßgeblich von Brzeziński formuliert.



Trumps Geostrategie (Szenario)


Die USA ist von Chinas Effizienz so verunsichert, das sie aus Unsicherheit über das Verhalten Chinas so lange nach Macht streben werden, bis sie einen hegemonialen Status erreicht haben oder bis sie bei diesem Versuch scheitern werden. Ist Hegemonie erreicht, endet das Streben nach Macht, weil der Selbsthilfeimpuls nicht mehr relevant ist. Dies führt zwangsläufig zum Macht- und Sicherheits-Dilemma, bei der sich die Geschicht nicht wiederholt aber mit Gewissheit reimen wird.


Identitätere Ansprüche können wir bei hegemonialen Zielen erstmal außen vor lassen. Autoritäre Staaten sind lediglich effizienter als gesunde Demokratien. Und um Effizient geht es in der Zeitenwende und im Kampf um die Vormachtstellung gegen China.


Im Nachwort der Neuauflage von 2016 betont Brzezinski, die einzigartige Vorherrschaft der USA als erster und letzter Weltmacht werde aus inneren wie externen Gründen auf einen Moment der Weltgeschichte beschränkt sein. Die USA werde zunehmend als unwillig und unfähig wahrgenommen, die bisherige Rolle zu übernehmen. Das Amerika überflügelnde China solle in einer neuen multipolaren Ordnung von der Großmacht USA auf einen friedlichen Weg geführt werden. In der Zukunft sollten China, ein europäisiertes Russland und die USA zur Schaffung einer neuen gemeinsame Ordnungsvision für die Weltgemeinschaft zusammenarbeiten.


Zurück zum Spiel, dem Schachbrett (Chessboard) um die neue Weltordnung. Aus spieltheoretischer Ebene erhalten wir folgendes Bild: Da beide, Trump & Putin nach ihren geopolitischen Plänen eine strikt/streng dominante Strategie anwenden, kommen wir zur relativen Prognose eines Ergebnisse um die Zukunft der Ukraine. Damit beide Mächte, die USA und Russland ein Gleichgewicht in strikt dominanten Strategien erhalten, ist das Ergebnis, dass beide Hemisphären, der Westen (die USA über Europa im transatlantischen Bündnis oder über eigene Rüstungsvorhaben) wie der Osten (Russland und seine Verbündeten) weiter aufrüsten müssen und der Krieg nur solange andauern wird bis eine Rohstoff-Deal unter der Bedingung einer Aufteilung der Ukraine vollzogen ist. Hier wird die EU, als "der natürliche Verbündete der USA" und „eurasischer Brückenkopf“ mit einbezogen, die die Assoziierung der Ukraine abschließt und die Rohstoffvorkommen mit den USA teilt.


Russland annektiert die besetzten Gebiete im Osten der Ukraine. Sehr wahrscheinlich gehen nach Verhandlungen die von Russland besetzte Ost-Ukraine, mit den Gebieten um den beiden Oblasten Donezk (Donbass) und Charkiw, mit Luhansk, Gebiete von Saporischschja, aber auch von Cherson sowie die Halbinsel und Autonome Republik Krim werden nach einem Deal zwischen Selenskyj, Trump und Putin arondiert und gehen an Russland über.


Da der ukrainische Präsident Selenskyj bereits mit der EU einen Rohstoffabkommen geschlossen hat, wird Trump hier strategisch vorgehen und über Investitionen indirekt für Sicherheiten, die Selenskyj für eine Friedenslösung gefordert hat, "garantieren". Diese wird er über den gemeinsamen Abbau von Rohstoffen anbieten, die zu Lasten der Europäischen Union gehen. Die Ukraine darf im Zuge der territorialen Gebietsabretungen der Europäischen Union beitreten, jedoch erst nach dem Wideraufbau, bei der die USA, die Türkei und Europa beteiligt werden und wirtschaftlich profitieren sollen.


Die Türkei wird in ihrer Schlüsselrolle, die Friedenstruppen stellen. Sie sichert den Übergang der Ukraine zur militärisch neutralen Zone und bis zum Beitritt zur EU, die jedoch nicht vor dem Wiederaufbau umgesetzt wird. Militärisch soll die Ukraine ihre Neutralität behalten und nicht der NATO beitreten. Im Nachgang soll die Ukraine ihre eingene Verteidigungsfähigkeit herstellen und sichern können.


Spieltheoretische Analyse (Nullsummenspiel und Relativismus)


Bei einem Spiel (Game) im Sinne der Spieltheorie handelt es sich um eine Entscheidungssituation mit mehreren Beteiligten, die sich mit ihren Entscheidungen gegenseitig beeinflussen. Dabei unterscheidet sich dieses mathematische Modell von der klassischen Entscheidungstheorie darin, dass die Spieltheorie Situationen modelliert, in denen der Erfolg des einzelnen Spielers (Akteur, Player, Agent) nicht nur vom eignen Handeln, sondern auch von dem anderer Spieler abhängt.


Die Theorie beziehungsweise das Modell beschreibt im politischen und wirtschaftswissenschaftlichen Kontext die Vorgänge in strategischen Konflikten, bei denen mehrere Akteure gegenseitig die Ergebnisse ihrere Entscheidung beeinflussen (interdependente Entscheidungssituation). Dabei handelt es sich um nicht-kooperative Spiele, da sich alle Verhaltensweisen (auch eine mögliche Kooperation zwischen den Agenten) aus dem Eigeninteresse der Spieler selbstverstärkend (self-enforcing) ergeben, ohne dass bindende Verträge abgeschlossen werden können.


Können die Akteure bei der Verhandlungslösung dagegen bindende Verträge abschließen, spricht man von kooperativer Spieltheorie. Bei diesem Konzept ist ein Spiel dann kooperativ, wenn die Akteure durch ein abgestimmtes Vorgehen, d. h. durch eine gemeinsame Wahl einer Strategie, einen Zusatzgewinn gegenüber der Situation, in der jeder nur für sich spielt, erzielen können. In diesem Fall verhandeln die Akteure über die Aufteilung des Zusatzgewinns (bargaining solution). Bei den häufigen strategischen Entscheidungen der Agenten während eines Spiels, geht es darum einen für sie günstigen Spielausgang herbeizuführen. Legt man diese Entscheidungen für alle denkbaren Spielsituationen bereits vor Spielbeginn fest, so hat man es nur noch mit einer Strategie pro Spieler zu tun. Die Ausführung des Spiels besteht dann nur noch in der Befolgung der bereits getroffenen Entscheidungen. Dies erklärt weshalb Trump jeweils mit Putin und Selenskyj einzeln verhandelt.


Denn jeder Spieler kann sich durch Wahl der besten Strategie bei Unterstellung der für ihn ungünstigsten Strategiewahl des Gegenspielers einen gewissen Auszahlungsbetrag garantieren. Das sind die so genannten Garantiewerte der Spieler. Werden Supremum und Infimum nicht angenommen, so hat man immerhin noch approximative Garantien.


Deshalb versucht Selenskyj im Vorfeld aufgrund fehlender Informationen in einem nicht-kooperativen Spiel, die kleinste obere Schranke bzw. größte untere Schranke auszuloten, bevor es zu einer Verhandlungslösung kommen kann. Anschaulich ist das Supremum eine obere Schranke, die kleiner als alle anderen oberen Schranken ist. Entsprechend ist das Infimum eine untere Schranke, die größer als alle anderen unteren Schranken ist. Wenn ein Supremum oder Infimum existiert, ist es eindeutig bestimmt.


Auch Trump wie Putin wollen jeweils den für sie günstigsten Spielzug (Strategie) bestimmen. In der Theorie der nicht-kooperativen Spiele, in der ein gemeinsames, abgesprochenes Abweichen nicht vorgesehen ist, kann ein sogenanntes Nash-Gleichgewicht als Lösung des Spiels verstanden werden. Darunter wird ein Paar von Strategien vestanden, bei dem sich ein Spieler durch einseitiges Abweichen von seiner Strategie höchstens verschlechtern kann. Bei einem Lösungskonzept ist Dominanz das schärfste Kriterium. Man unterscheidet hierbei zwischen starker und schwacher Dominanz. In einem Spiel können mehrere schwach dominante Strategien existieren, während eine stark dominante Strategie, wenn sie existiert, stets eindeutig ist.


Die in der Spieltheorie übliche Annahme ist, dass rationale, nur an ihrem eigenen Wohl interessierte Spieler (Homo Oeconomicus) eine dominante Lösung spielen würden. In quasi-linearer Umgebung implementieren die Vickrey-Clarke-Groves-Mechanismen effiziente Lösungen in schwach dominanten Strategien.


Selenskyj und Putin befinden sich quasi in einem Gefangenendilemma, wobei wir hier mit Trump von einem Spiel unter mehreren Akteuren mit gemischten Strategien ausgehen müssen. Aus dem Dilemma kommen die beiden, Putin und Selenskyj nur über Kooperation mit Trump, da sie sich untereinander nicht einigen können. Es kommt also auf die Absprachmöglichkeit zwischen den drei Akteuren an. Betrachten wir Trump und Putin, die in der nicht-kooperativen Situation eigene Ressourcenbergungsstrategien für die Ukraine haben, so sind durchaus kooperative Strategien denkbar, die über eine Absprache der Ressourcenverteilung hinausgehen, z. B. die Aufteilung der Gebiete oder die Koordination der Bergung mit Hintereinanderschaltung verschiedener Verarbeitungsstufen oder Tausch der Seltenen Erden oder Metalle.


Was als kooperative Strategie erlaubt ist, ist Inhalt der Spielregeln, und im geostrategischen Spiel gelten keine Regeln von internationalen Organisationen. Es gilt die Regel des Stärkeren. Trump ist aus den meisten Abkommen ausgestiegen, wie aus der Transpazifische Partnerschaft, dem INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen, der Weltgesundheitsorgansiation (WHO), dem Pariser Klimaabkommen, sowie dem UN-Menschenrechtsrat und -Hilfswerk (UNO) wie auch aus dem UN-Kultur- und Bildungsorganisation (UNESCO).


Im Jahr 1517 hatte Niccolò Machiavelli argumentiert, dass es manchmal


„eine sehr weise Sache ist, Wahnsinn zu simulieren“.

In Richard Nixons Vietnamkrieg vertritt Jeffrey Kimball jedoch die Ansicht, dass Nixon aufgrund praktischer Erfahrungen und der Beobachtung von Dwight D. Eisenhowers Vorgehen im Koreakrieg eigenständig zu dieser Strategie kam. In seinem 1962 erschienenen Buch Thinking About the Unthinkable (Über das Undenkbare nachdenken) vertrat der Futurist Herman Kahn die Ansicht, dass es ein wirksames Mittel sein könne, einen Gegner zum Einlenken zu bewegen, wenn man „ein wenig verrückt“ aussehe.


Diese auf Nixon zurückgeführte und nach ihm benannte Madman-Theorie wird von Donald Trump gekonnt eingesetzt, im Sinne der Tit-for-Tat-Strategie.


Erste Prämisse:

Das Nullsummenspiel ist ein Konstantsummenspiel, d.h. die Summe der zu verteilenden Werte bleiben die Gleiche. Bei Beteiligung von zwei Parteien impliziert grundsätzlich der Gewinn einer Seite einen Verlust auf der anderen Seite. Die sozialwissenschaftliche Anwendung von Nullsummen bezieht sich auf eine vollkommen antagonistische Konfliktsituation. Dementsprechend geht das Nicht-Nullsummenspiel davon aus, dass grundsätzlich die Gesamtmenge der zu verteilenden Werte durch Kooperation und Interaktion vermehrt werden kann und somit jeder beteiligte Akteur aus diesem Verhalten einen Nutzen ziehen kann.


Zweite Prämisse:

In der Philosophie ist der Relativismus eine Position, die meint, dass die Wahrheit jeder Behauptung variabel ist, abhängig von den Umständen und Personen. Im Gegensatz zum Absoluten ist das Relative das, was von einer anderen Sache als von sich selbst abhängt, um zu sein (oder gedacht zu werden) oder das, was eine Beziehung zwischen mindestens zwei Größen betrifft. Das Relative impliziert also generell das Unvollkommene und den Vergleich.


Der Relativismus, auch Relationismus genannt (entsprechend von lateinisch relatio, „Verhältnis“, „Beziehung“), ist demnach eine philosophische Denkrichtung in der Poltik, welche die Wahrheit von Aussagen, Forderungen und Prinzipien als stets von etwas anderem bedingt ansieht und absolute Wahrheiten verneint –, dass also jede Aussage auf Bedingungen aufbaut, deren Wahrheit jedoch wiederum auf Bedingungen fußt und so fort.


Diese Rahmenbedingungen ermöglichen es, die Aussage auch zu verändern und zu verhandeln (Framing and Reframing and Anchoring in Negotiation). Relativisten wie Donald Trump, begründen dies oft mit dem erkenntnistheoretischem (epistemologischen) Argument, dass eine sichere Erkenntnis der Welt unmöglich ist. Andere verweisen auf den zusammengesetzten Charakter von Wahrheiten, die stets auf andere Wahrheiten Bezug nehmen, wie beispielsweise Wladimir Putin.


Ethische Relativisten sind beide, Trump und Putin, die die Idee absoluter ethischer Werte verwerfen. Verschiedene Teilströmungen leiten daraus unterschiedliche Konsequenzen ab. Einige ethische Relativisten gehen davon aus, dass in letzter Konsequenz alle ethischen Werte und Aussagen über die Welt gleichermaßen wahr sind. Andere vertreten die Position, dass einige Aussagen „wahrer“ oder „richtiger“ als andere sind. Selenskyj folgt eher einen abgeschwächten Relativismus der sich aus dem Dualismus, etwa derjenige von Sein und Sollen, und der am Dualismus anknüpfende Trialismus nährt, etwa derjenige, in der „sozialrealen Kultur“ ein verbindendes Drittes zu erblicken. Historisch lebt die Ukraine kulturell mindestens zwischen zwei Welten (religiös zumindest zwischen dem Katholizismus und der Orthodoxie), die zugleich aber beide Denkwege eine vermittelnde, letztlich eine systemische Lösung bieten. In der Konfliktlösung wird jede Sicht zunächst absolut gesetzt und dann aber auf der nächsten Stufe, dem Neben-, dem Mit- oder dem Gegeneinander relativiert.


Die Biden Administration und der britische Premierminister Boris Johnson haben Wolodymyr Selenskyj davon abgeraten den Friedensvertrag von 2022 mit Wladimir Putin zu schließen, mit der Strategie Russland über eine Kriegsverlängerung und durch Sanktionen zu schwächen.


Womöglich bezieht sich auch Trump nun indirekt auf diese Verhandlungen, wenn er sagt, dass die Ukraine einen Deal hätte haben können. Putin selbst verbreitet dieses Narrativ seit Jahren. In einem Interview im Februar 2024 sagte Putin, der Krieg hätte schon vor zwei Jahren beendet werden können, hätte der Westen bei den Friedensverhandlungen nicht interveniert.

Als Beweis, dass der Westen Friedensverhandlungen gestoppt habe, wird ein Treffen des damaligen britischen Premiers Boris Johnson mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 09. April 2022 genannt. Johnsons Rat damals:


Nichts unterschreiben, weiterkämpfen.

Der Leiter der ukrainischen Verhandlungsdelegation David Arachamija selbst schilderte dies so in einem Interview, und im selben Gespräch meinte er auch, dass die Ukraine, unabhängig von den Einwänden Johnsons, zu dem Zeitpunkt nicht bereit gewesen sei, einem Abkommen zuzustimmen.



Die Gespräche in Saudi-Arabien mit der russischen Delegation lobte Donald Trump als "sehr gut" und "Russland will etwas tun". Zugleich gab Trump dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj praktisch die Schuld dafür, dass der Krieg in der Ukraine weiterhin andauert.


"Ihr hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können",

sagte Trump bei einer Pressekonferenz in Florida. Es gebe in Kiew


"eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen".

Es ist ein neuer Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine, der strategisch von der Trump Administration nutzetisch inszeniert wird. Eine realpolitische Nutzenabwägung im Interesse der Vereinigten Staaten:


Durch eine Schwächung hätte Putin eine schwach dominante Strategie. Schwach dominante Strategien resultieren für einen Spieler, wenn dieser bei jeder Strategiekombination einen höheren Nutzen als sein Gegenspieler hat. Dies führt dazu, dass ein Spieler nicht kooperieren muss, um für sich den größten Nutzen zu erlangen.


Die russische Wirtschaft ist jedoch bis 2023 wegen des Kriegsbooms gestiegen und verzeichnete im Vergleich zu Europa überdurchschnittliche Wachstums-raten und eine niedrige Arbeitslosenquote. 2023 ist die Wirtschaftsleistung um 3,6 % gestiegen. Auch wenn diese 2024 abgeflacht ist und sich die Konjunkturaussichten für das Jahr 2025 getrübt haben, ist es nicht sicher ob sich Russlands Wirtschaft überhitzt und wie krisenanfällig sie wirklich ist, da sie mit China gut zusammenarbeitet. Trump sieht keinen Nutzen aus der bisherigen Strategie der Biden Administration und bisher keinen ROI aus der Kriegsverlängerung und den Sanktionen gegen Russland. Zudem will Trump seine Wahlversprechen halten und muss in den ersten 100 Tagen erste Erfolge verbuchen. Dazu gehört die Beendigung des Ukrainekriegs.


Trump entscheidet demnach rein rational im Interesse USA und für seine eigene Machtpolitik. Er sucht durch den Deal mit Selenskyj, Putin und Europa sein Nash-Gleichgewicht zwischen Russland und der USA bzw. durch die Einbindung der EU und der Türkei ein Gleichgewicht bei gemischten Strategien. Emotionen erzeugt er also bei der Ukraine und den Europäern, nicht bei seinem Gegenüber Putin. Unter diesem Druck bewegt er die EU in die Richtung wo er sie haben will. Es geht nicht um Kooperationen, es geht um Deals. Die Strategie Trumps ist erkennbar strikt dominant und seine Taktik ist Druck und Angst bzw. „maximum pressure“ und „shock & awe“.


Vielleicht hat Anne Applebaum recht mit ihrer Einschätzung. Nach der Historikerin und Journalistin, sei Präsident Trump fasziniert von autoritären Anführern wie Putin und träume von einem neuen russisch-amerikanischen Verhältnis auf der Grundlage von Wirtschaftsabkommen und Deals anderer Art: 


"Ihm schwebt eine Zeremonie vor, bei der er und Putin, und vielleicht sogar Chinas Xi Jinping, ein Abkommen unterschreiben, in dem sie die Welt aufteilen",

so Applebaum bei CNN. "Und das entspricht genau dem, was Putin will."


Die Frage ist nur wie Europa, der eurasiesche Brückenkopf, seine geopolitische Lage in dieser Konstellation verbessern kann. Es heißt bei "Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft (englischer Titel: The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, 1997, neuaufgelegt 2016) der geopolitischen Abhandlung von Zbigniew Brzezińskis:


„Tatsache ist schlicht und einfach, dass Westeuropa und zunehmend auch Mitteleuropa weitgehend ein amerikanisches Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern. Dies ist kein gesunder Zustand, weder für Amerika noch für die europäischen Nationen.“


 

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Quellen: tbd




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게스트
3월 22일
별점 5점 중 5점을 주었습니다.

Wirklich interessant und spannend. Sehr aufschlussreich mit düsteren Aussichten für Europa.

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게스트
3월 21일
별점 5점 중 5점을 주었습니다.

Die vielen präsentierten Weltfakten laden geradezu dazu ein, mehrmals gelesen zu werden, die einzelnen Abschnitte verdienen angemessene Einzelbetrachtung und Kontemplation der Leserin.


Eine der vielen Lese-Erkenntnisse ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Europa bei der derzeitigen dynamischen Weltlage-Entwicklung ins Abseits gedrängt wird, gar nicht so klein ist ... damit schwinden wohl auch einige Errungenschaften der geistigen Entwicklung des Kontinents und werden in den Weltaufteilungs-Mühlen zermalmt.

Der Hintergrund dieser Vorstellung ist meine Annahme, dass die derzeit zu betrachtende amerikanische, russissche und chinesische Handlungs-Mentalität einen prägenden Einfluss ausüben wird.


Ganz neu war mir die Tatsache, dass auch die türkischen Völker einen eigenen (Geltungs-)Raum beanspruchen (könnten).


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Zackes Brustik
Zackes Brustik
3월 21일
별점 5점 중 5점을 주었습니다.

Die aktuell sich rasant entwickelnden Weltlage scheint vor allem uns in Europa ziemlich unvorbereitet zu treffen. Mir fehlen da wirklich gute, tiefgehenden Analysen, die über Appelle und reaktives Verhalten hinausgehen. Der Artikel ist echt super, um zu verstehen, was in all diesem scheinbaren Chaos an handfesten Interessen und Strategien steckt. Auch wenn es düster für uns aussieht, braucht es genau diesen schonungslosen aber neutralen Blick und eine gobale Perspektive, damit wir unsere Gestaltungsoptionen kennen. Danke!

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게스트
3월 20일
별점 5점 중 5점을 주었습니다.

Sehr intensiv und interessant. Muss mehrmals gelesen werden.

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